Der "Safer Internet Day" will an die Gefahren im Netz erinnern

"On" sein, um "in" zu sein

Kursieren erst einmal persönliche Daten in der www-Welt, lassen sie sich nicht so einfach löschen. Vor allem junge Menschen geben Persönliches weiter, ohne viel darüber nachzudenken und bringen sich so in Gefahr. Der "Safer Internet Day" an diesem Dienstag will ein Bewusstsein für diese Bedrohung schaffen.

Autor/in:
Julia Grimminger
 (DR)

Mit ein paar Drohungen fing alles an. Chantal bekam Nachrichten über das "SchülerVZ". Sie kannte den Absender, und reagierte nicht auf die unerwünschte Post. Kurz darauf erschien ein Profil in ihrem Namen - mit einem Bild von Adolf Hitler. "Mir wurde eine rechte Gesinnung unterstellt, obwohl das überhaupt nicht stimmt", schilderte die 16-Jährige ihre Internet-Erfahrungen. Es folgten weitere Profile mit verleumderischem Inhalt: "Das war komplett beleidigend", so die Schülerin aus Opladen.

Das Beispiel Chantal zeigt, wie gefährdet junge Menschen sind, wenn sie sich im weltweiten Netz bewegen. Zwar handelten Chantal und ihre Mutter sofort und setzten sich jedes Mal mit dem Anbieter in Verbindung. Doch es sollte jeweils mindestens zwei Tage dauern, bis die Seiten vom Netz genommen wurden. "Sowas geht schneller rum als auf dem Schulhof", so Chantal. Von "SchülerVZ" sei bisher keine Entschuldigung gekommen. "Wenn Sie ihr Kind ins Internet lassen, müssen sie mit so etwas rechnen", hieß es dort lapidar.

Junge Leute wollen "on" sein, um "in" zu sein: Laut ARD/ZDF-Onlinestudie sind Jugendliche seit 2008 erstmals länger im Internet als vor dem Fernseher. Zwei Drittel der 14- bis 19-jährigen User sind in Online-Communities registriert. "Sie wollen Freunde treffen, Fotos austauschen, neue Leute kennenlernen - oder einfach nur dazugehören", erklärt Beate Frees von der ZDF-Medienforschung.

Große Anziehungskraft auf jungen Menschen
"StudiVZ", "Facebook", "Lokalisten" & Co. - die virtuellen Gemeinschaften haben auf junge Menschen eine große Anziehungskraft. Denn das Web 2.0 biete "veränderte Räume zur Beziehungspflege", erklärt der Hamburger Soziologe Jan-Hindrik Schmidt. Sprich: Jeder kann mit alten Freunden in Kontakt bleiben und neue wiederfinden. Unter Schülern ist das Phänomen noch weiter verbreitet. Wer nachmittags beim virtuellen Schulhofplausch im "VZ" nicht "on" ist, ist raus. Dabei wird aber oft bedenkenlos Privates preisgegeben. Nach ARD/ZDF-Informationen haben 75 Prozent der jugendlichen Nutzer schon einmal persönliche Informationen, Vorlieben oder Hobbys online gestellt.

Petra Kain vom Polizeipräsidium Westhessen besucht regelmäßig Schulen. Sie will zeigen, wie gefährlich es ist, leichtfertig mit seinen Daten umzugehen. "Mobbing hat sich in den Chatroom verlagert", so die Hauptkommissarin. Pornografie auf Handys von 12-Jährigen, Lehrer-Hasser-Gruppen in den Communities und Mobbing per PC seien keine Seltenheit. Nach Ansicht Kains muss vor allem bei Eltern ein Bewusstsein entstehen, dass die Kinder nach der Schule zu Hause nicht in Sicherheit sind. "Eltern müssen thematisieren, aufklären, und sich vor allem selbst mit neuen Internet-Anwendungen beschäftigen".

Helmut Schneider-Siebert, Lehrer einer Regionalschule in Montabaur,
weiß: "Schüler wollen Spaß - und sie stehen unter Gruppenzwang." Das Bewusstsein, dass Daten in der Öffentlichkeit Konsequenzen haben könnten, interessiere sie kaum. Der Moment zähle, und da sei es wichtiger dazuzugehören.

Noch stecken die virtuellen Gemeinschaften in den Kinderschuhen.
Täglich kommen neue Plattformen hinzu - und tausendfache Beschwerden. Allein "SchülerVZ" soll jeden Tag 5.000 Rückmeldungen erhalten. Eine Untersuchung des Fraunhofer Instituts ermittelte bei der Hälfte der untersuchten Communities "unbefriedigende Ergebnisse". Das liegt nach Ansicht von Projektmitarbeiter Andreas Poller an schlechten Konfigurationen. Eine Verbesserung der Technik hält auch Alexander Roßnagel für den richtigen Weg. "Wenn wir eine weltweite Wirkung wollen, müssen wir bei der Technik ansetzen. Unser Datenschutzrecht hört nämlich an der deutschen Grenze auf", so der Jurist aus Kassel.