450 Jahre nach seinem Tod am 19. April 1560 will die Evangelische Kirche mit einem Gedenkjahr an die Leistungen des Reformators erinnern. Melanchthons große Stunde kam während des Augsburger Reichstags 1530. Kaiser Karl V. hatte den Reichstag in der Absicht einberufen, die katholische Kirche und ihre Lehre zu verteidigen. Die Protestanten waren für ihn "ketzerische Neuerer", die die Tradition der Christen aufgegeben hatten. Melanchthon, Weggefährte Luthers, bemühte sich dagegen in seinem Augsburger Bekenntnis, die Kontinuität der neuen Lehre mit der Theologie und den Glaubensbekenntnissen der Kirche nachzuweisen. Um des Friedens zwischen den Konfessionen willen verzichtete er dabei auf die Erwähnung heißer Eisen wie die Stellung des Papstes.
Dies missfiel Luther gründlich, der nur aus der Ferne den Verlauf des Reichstags verfolgen konnte, da er als Geächteter kursächsisches Gebiet nicht verlassen durfte. Zwar gefiel ihm das Augsburger Bekenntnis recht gut, er bemerkte aber zugleich, dass er "so sanft und leise" nicht treten könne. Zunehmend war er über die Nachgiebigkeit "seines Philippus" verärgert. Luther sah keinen Raum mehr für Kompromisse gegenüber Rom, während Melanchthon immer noch fragte, wie viel man nachgeben könne.
Nachgiebigkeit führt nicht zum Kirchenfrieden
Allerdings führte auch Melanchthons Nachgiebigkeit nicht zum Kirchenfrieden. Luther war über das Scheitern der Einigungsbemühungen nicht überrascht. Für die Ökumene jedoch bleibt Melanchthon ein Vorbild, stellte er doch das Gemeinsame und Verbindende der Christen immer vor das Trennende.
Melanchthon, der Systematiker und Ökumeniker der Reformatoren, wurde als Philipp Schwartzert am 16. Februar 1497 im badischen Bretten bei Karlsruhe geboren. Seine Erziehung übernahm der Humanist Johannes Reuchlin. Er war es auch, der den Namen "Schwartzert" nach humanistischer Manier ins Griechische übersetzte: Melanchthon ("schwarze Erde"). Als 21-Jähriger war Melanchthon bereits Professor für griechische Sprache in Wittenberg. Hier begegnete er Martin Luther und wurde dessen Freund. 1521 verfasste Melanchthon seine berühmten "Loci cummunes", eine Urdogmatik der Reformation, in der er den Inhalt der reformatorischen Lehre erstmals zusammenfassend darstellte.
Auch auf einem anderen Gebiet wirkte Melanchthon erfolgreich. So gründete er mehrere Lateinschulen, entwarf Lehrpläne und bildete Pädagogen aus. Sein weiteres Anliegen war die Studienordnung an der Philosophischen Fakultät in Wittenberg. Darüber hinaus hatte er erheblichen Einfluss auf die Neuordnung der Universitäten Tübingen, Heidelberg, Leipzig und vor allem Jena und Königsberg, wobei er die Theologischen Fakultäten im Blick hatte. Er wurde durch sein Wirken zum "Lehrer Deutschlands".
Keine Führergestalt der Reformation
Melanchthon war kein kämpferischer Reformator. Er blieb ein Gelehrter, der in Ruhe und Stille Menschen erziehen und bilden wollte. Er war nicht die Führergestalt der Reformation, sondern kommentierte und diskutierte, wo die "Menschen um ihn herum das klare Ja oder Nein forderten, Bekenntnisse sowohl als auch Verdammungen", urteilte der evangelische Kirchenhistoriker Martin Greschat.
Zeit seines Lebens blieb Melanchthon Luthers treuer Freund. Wie er ihn einschätzte, zeigt Melanchthons Reaktion auf Luthers Tod: "Es ist gestorben der Wagenlenker Israels, der die Kirche in dieser letzten Zeit der Welt geleitet hat." Luthers göttlicher Auftrag habe darin bestanden, das Evangelium aus der Finsternis wieder ans Licht zu bringen. Melanchthon überlebte den 1546 gestorbenen Luther um 14 Jahre und starb selbst am 19. April 1560 in Wittenberg. In einer Notiz aus dem Frühjahr 1560 notierte er noch, warum er den Tod nicht fürchte: "Du wirst von der wütenden Streitsucht der Theologen befreit sein."
Der Reformator Philipp Melanchthon starb vor 450 Jahren
Vermittler zwischen getrennten Kirchen
"Melanchthon sah Brücken, wo Luther nur noch Gräben sah", so kennzeichnete der langjährige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, einmal die Unterschiede zwischen den beiden großen Reformatoren. Denn Philipp Melanchthon, Theologe und Humanist, suchte das Gemeinsame zwischen den auseinanderdriftenden Kirchen.
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