Der Politiker Bernhard Vogel wird 90

Ministerpräsident, ZdK-Chef und Kaiserslautern-Fan

Fast ein Vierteljahrhundert war er Regierungschef in Ost- und Westdeutschland. Aber Bernhard Vogel ist mehr. Zum Beispiel engagiertes Kirchenmitglied und bekennender Fan des 1. FC Kaiserslautern.

Autor/in:
Michael Jacquemain
Bernhard Vogel, CDU-Politiker, am 19. Juli 2018 in seinem Garten in Speyer. / © Thomas Lohnes/epd-bild (KNA)
Bernhard Vogel, CDU-Politiker, am 19. Juli 2018 in seinem Garten in Speyer. / © Thomas Lohnes/epd-bild ( KNA )

Der Mann wirkt sehr fit - physisch und geistig. Bemerkenswert für einen Menschen, der am 19.12. seinen 90. Geburtstag feiert. Aber bei Bernhard Vogel ist manches anders. Bis heute ist der CDU-Politiker der Einzige, der im Osten und im Westen Ministerpräsident war. Fast ein Vierteljahrhundert war er Regierungschef: von 1976 bis 1988 in Rheinland-Pfalz und von 1992 bis 2003 in Thüringen.

Enge Verbindung zwischen CDU und ZdK löst sich laut Grütters auf

Die ehemalige Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sieht die einst enge Verbindung ihrer Partei zum Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) in Auflösung. "Da haben sowohl das ZdK als auch die Unionspolitiker eine Bringschuld, wenn sie die bisherige Nähe vermissen", sagte Grütters der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost". In der Bundestagsfraktion seien zwar sehr viele nicht nur katholisch getauft, sondern würden sich auch zur Kirche bekennen und sich dort engagieren.

Logo des Zdk (Archiv) / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo des Zdk (Archiv) / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Das Alter nennt er eine Anstrengung, die sich aber wie jede Anstrengung lohne. Insgesamt, so sagt er über sich, "geht es mir gut - wenn man das Schlechte weglässt". Ein typischer Vogel-Satz, der neben Gesagtem zugleich Unausgesprochenes beinhaltet. Auch im hohen Alter besticht er mit freundlichem und humorvollem Umgang. Verletzende Äußerungen sind ihm fremd. Selbst dann, wenn er Kritik übt, geschieht das immer mit Respekt und oft verwoben mit einem Lob für das Gegenüber.

Froh über Erfolge und Scheitern

Vogel ist fest davon überzeugt, dass er mit dieser Art letztlich mehr Gehör findet und verändern kann als mit öffentlichem Krach und Radau. So verwundert es auch nicht, dass der seit Jahrzehnten privat in Speyer beheimatete Junggeselle bis heute weit über Rheinland-Pfalz und Thüringen hinaus sehr beliebt und wegen seiner Kontakte einflussreich ist. Vielleicht wollen auch deshalb so viele mit ihm feiern: die Länder, die er leitete, und die Konrad-Adenauer-Stiftung, bei der er mehrfach als Vorsitzender Verantwortung übernahm.

Entscheiden können und neue Wege gehen war immer ein wichtiger Zug seines Handelns. Zu seinen wichtigsten Entscheidungen zählt er die Gründung der damaligen Doppeluniversität Trier-Kaiserslautern und den Start des privaten Rundfunks 1984 in Ludwigshafen. Zu seiner Bilanz gehört auch, dass ihm nicht alles gelang - etwa nach der Wende den Kalibergbau in Nordthüringen zu erhalten. Bei anderen Dingen zeigt er sich heute froh, dass sie scheiterten. Damit meint er vor allem den aus heutiger Sicht unvorstellbaren Plan, im Hunsrück eine atomare Wiederaufbereitungsanlage wie im französischen La Hague zu errichten.

Aufgeschlossen, aber nicht entscheidend

Am Herzen liegt Vogel das Zusammenwachsen Deutschlands. Die Wiedervereinigung sei alles in allem gelungen, die Bundesbürger hätten Grund, stolz und dankbar zu sein. "Weil der Osten etwa geschafft hat, was man uns Deutschen nicht zugetraut hat: eine friedliche Revolution, ohne dass ein Tropfen Blut floss. Und der Westen hat in einem ungewöhnlichen Ausmaß personell und finanziell geholfen." Trotzdem gelte es zur Kenntnis zu nehmen, dass nicht alle Unterschiede überwunden seien: "Wir haben 40 Jahre in unterschiedlichen Welten gelebt und unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Darauf wird zu wenig Rücksicht genommen."

Synodaler Weg

Der Begriff "Synodaler Weg" verweist auf das griechische Wort Synode. Es bedeutet wörtlich "Weggemeinschaft"; im kirchlichen Sprachgebrauch bezeichnet Synode eine Versammlung von Bischöfen oder von Geistlichen und Laien.

Der Reformdialog Synodaler Weg dauerte von Ende 2019 bis Frühjahr 2023. Dabei berieten die deutschen katholischen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zusammen mit weiteren Delegierten über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland.

Das gelochte Metallkreuz und Teile des Schriftzugs Synodaler Weg  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Das gelochte Metallkreuz und Teile des Schriftzugs Synodaler Weg / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Gleichfalls ein persönliches Anliegen ist Vogel seine Kirche, mit der er sich nicht nur wegen seiner Zeit als Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) zwischen 1972 und 1976 bis heute verbunden fühlt. Dem Reformprojekt Synodaler Weg wünscht er viel Erfolg und zeigt sich gegenüber den Veränderungswünschen aufgeschlossen, aber "ich glaube nicht, dass davon allein die Zukunft der Kirche abhängt". Weltweit nehme - anders als in Deutschland - die Zahl der Katholiken und Priester zu, und "wir drohen, gelegentlich zu sehr Nabelschau zu betreiben".

Chance für Veränderung

Wenn im kommenden Jahr die Weltbischofssynode startet, hält Vogel die Chance für Veränderungen für viel größer: "Die Hoffnung habe ich, aber alles hängt von der Bereitschaft von Papst Franziskus ab, nicht nur Veränderungen anzukündigen, sondern auch Entscheidungen zu treffen." Kann man die große Schwäche des Kirchenoberhaupts beiläufiger benennen?

Möglich indes, dass sich bei Vogel selbst schneller als gedacht etwas ändert: Zwar hängt an seiner Garderobe nicht mehr wie früher der teuflisch rote Fanschal des 1. FC Kaiserslautern - aber für den Fall des Aufstiegs in die Erste Liga zeigt Vogel sich nicht abgeneigt, wieder zum Betzenberg zu pilgern. Nach zuletzt drei Siegen in Folge kein Ding der Unmöglichkeit. Auch die Anstrengung könnte sich lohnen. Und fit genug wirkt er.

Quelle:
KNA