Der Papst reist unerwartet nach Santiago und Barcelona

Immer wieder Spanien

Papst Benedikt XVI. wird im November nach Nordspanien reisen, um den Altar des katalanischen Architekten Antonio Gaudí in Barcelona einzuweihen und den Wallfahrtsort Santiago de Compostela zu besuchen. Die zweite Spanienreise des Kirchenoberhaupts seit seinem Amtsantritt vor fünf Jahren ist für den 5. und 6. November geplant. Im kommenden Jahr steht in Spanien anlässlich des Weltjugendtags in Madrid eine weitere Papstvisite auf dem Programm.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
 (DR)

Wann immer der Papst Grüße an die Völker der Welt richtet, hebt er die Stimme etwas bei den "queridos hermanos y hermanas". Denn er weiß, dass ihm von den so angeredeten Spaniern besonders herzlicher Jubel entgegenschlägt.  Der scheinbar kühle Papst aus Deutschland und die Katholiken aus dem Land des Sozialisten Jose Luis Rodriguez Zapatero: Sie bilden ein temperamentvolles Duett. Der Jubel wäre diesen Mittwoch bei der Generalaudienz noch größer ausgefallen, hätte Benedikt XVI. persönlich seine Reise nach Spanien angekündigt.

Das Kirchenoberhaupt überließ es jedoch dem Sprecher Federico Lombardi, den Besuch am 6. und 7. November zu bestätigen. Auf dem Programm der Kurzvisite stehen Santiago de Compostela und Barcelona: Spaniens berühmtester Wallfahrtsort am Ziel des Jakobuswegs und die Stadt mit der berühmtesten Kirche des Landes, der «Sagrada Familia». Santiago de Compostela begeht 2010 als Heiliges Jahr, und das in einem Mix aus katalanischer Neugotik und Jugendstil konzipierte Wahrzeichen Barcelonas ist nach fast 130 Jahren Bauzeit immerhin so weit, dass man dort ihm Herbst eine Messe feiern und das Gotteshaus weihen kann.

Zwei triftige Gründe also für die Ortsbischöfe, sich den Papst als Ehrengast zu wünschen. Santiagos Oberhirt Julian Barrio Barrio reiste just am Montag mit Gefolge zu einer Audienz in den Vatikan, offenbar, wie jetzt klarer wird, um Details abzustimmen. Das von Kardinal Lluis Martinez Sistach geleitete Erzbistum Barcelona hatte schon Mitte Februar erklärt, man habe eine Einladung für die Kirchweihe nach Rom geschickt. Was die Zusage des Papstes bemerkenswert macht, ist, dass er schon einmal in Spanien war und im nächsten Jahr für eine weitere Visite dort erwartet wird.

Nach dem Weltjugendtag in Köln 2005 - ein Termin, der bereits für den Vorgänger Johannes Paul II. festgezurrt war - und der Polenreise im Mai 2006 - eine Reverenz für den im Jahr zuvor verstorbenen Wojtyla-Papst - besuchte Benedikt XVI. im Juli desselben Jahres Valencia. Anlass des knapp zweitägigen Aufenthalts war das Welttreffen der katholischen Familien. Dessen Schlussgottesdienst wurde zu einem Massenereignis. Den gleichen Effekt erhoffen die Veranstalter des Weltjugendtages 2011. Dann soll der Papst wie schon 2008 in Sydney die Jugendlichen aus Europa und Übersee zu einem Glaubensfest in Madrid mobilisieren.

Dass Benedikt XVI. dasselbe Land drei Mal besucht, fällt in seiner Reisestatistik etwas aus dem Rahmen: Bislang absolvierte das Oberhaupt 13 Fahrten ins Ausland, abgesehen von Köln (2005) und der bayerischen Heimat (2006) bislang ohne Doppelungen; in diesem Jahr wird der Papst in Malta, Portugal, Zypern und Großbritannien erwartet. Spanien aber steht unter besonderer Aufmerksamkeit des Heiligen Stuhls.

Traditionell zählt der Staat zu den katholischen Kernlanden Europas. Noch immer bekennen sich stolze 87 Prozent zum Katholizismus, doch die innere Bindung an die Kirche und ihre Gebote sinkt. Ein Signal dafür ist nicht zuletzt der politische Erfolg Zapateros, dessen liberale Auffassungen in der Familienpolitik der Kirche ein Dorn im Auge sind. Für kirchlichen Protest sorgte jüngst die Aufhebung des gesetzlichen Abtreibungsverbots.

Allerdings sind die Fronten in Spanien beweglich. Nach der Wiederwahl der regierenden PSOE vor zwei Jahren bremsten die Sozialisten wider Erwarten mehrere laizistische Gesetzesinitiativen aus, etwa zur Erleichterung von Kirchenaustritten, zur Einstellung der Finanzhilfen für die Kirche, zur Kündigung des Konkordates mit dem Vatikan und zur Entfernung christlicher Symbole bei Staatsakten.
Und nicht zuletzt: Auch Zapatero persönlich hatte Benedikt XVI. zum Jubeljahr nach Santiago de Compostela eingeladen.

Demnach herrscht kein Mangel an politischen und spirituellen Themen, um den kurzen Besuch des Papstes mit Inhalten zu füllen. Vorerst müssen die Bauleute in Barcelona aber noch kräftig Hand anlegen, damit wenigstens das Mittelschiff der «Sagrada Familia» bis November gottesdiensttauglich ist. Für den Architekten Antoni Gaudi (1852-1926), der den Bau mehr als 40 Jahre betreute, läuft seit 2000 ein Seligsprechungsverfahren. Dass es bis November zum Abschluss kommt, wäre aber wohl eine Überraschung zu viel.