Der neue Klöppel für die Petersglocke ist da

Das kölsche Comeback des Jahres

Köln atmet auf. Der neue Klöppel der Petersglocke wurde heute in die Glockenstube des Kölner Domes gebracht. Dazu wurde er zunächst in den Dominnenraum gefahren und durch die Gewölbeöffnung im Westen des Mittelschiffes, zwischen den Türmen, nach oben gezogen. Um 12.54 Uhr war es soweit: Das erste zaghafte Anschlagen war zu hören. Glocken-Experte Jan Hendrik Stens erläutert im domradio.de-Interview Zeitplan und Hintergründe.

DOMRADIO.DE-Redakteur Jan Hendrik Stens (DR)
DOMRADIO.DE-Redakteur Jan Hendrik Stens / ( DR )

domradio.de: Warum so viel Wirbel um einen Klöppel?

Stens: Es ist nicht irgendein Klöppel! Es ist der Klöppel der größten freischwingenden läutbaren Glocke der Welt. Wer schon einmal auf der Domplatte gewesen ist, wenn diese Glocke läutet, der versteht, warum diese Glocke den Kölner so ans Herz gewachsen ist. Die Kölner haben den Klang über Monate hinweg schmerzlich vermisst und sind nun froh, dass der neue Klöppel eingebaut werden kann und die Glocke dann ab kommender Woche wieder ordnungsgemäß läuten kann.



domradio.de: Was ist denn so besonders an diesem neuen Klöppel?

Stens: Die Größe! Es ist eine große Glocke und die braucht einen großen Klöppel! Es ist bei diesem Klöppel berechnet worden, wie man einen Klöppel herstellt, der nicht bricht und der die Glocke schonend läutet, also nicht zu hart und fest anschlägt, sie aber möglichst optimal klanglich erregt. Also eine optimaler Klang bei schonendem Läuten. Da muss man schauen: Wie ist die Proportion des Klöppels, wo muss der Schwerpunkt liegen, usw. Das wird im Vorfeld durch Ingenieure berechnet, und nach diesen Vorgaben ist der Klöppel dann geschmiedet worden.



domradio.de: Was gilt es nun beim Einbau zu beachten?

Stens: Bei einem so großen Klöppel ist es natürlich nicht so einfach, den hängt man nicht einfach ein und schraubt ihn fest. Da gibt es schon einige Tonnen Stahl zu bewegen. Der neue Klöppel wird leichter sein als sein Vorgänger, aber hinzu kommt die Armatur, die von oben in die Achse, in das Joch der Glocke eingelassen wird, an der dann der Klöppel im inneren der Glocke angehängt wird. Da ist sehr viel Kraft, Konzentration  und Feingefühl notwendig, das ist Millimeterarbeit, deswegen wird auch die Glockenstube bis Mittwoch geschlossen sein.



domradio.de: Und wann können wir den Decken Pitter endlich wieder hören?

Stens: Die Glocke bekommt auch zwei neue Läutemaschinen, die müssen richtig eingestellt werden und der Klöppel muss richtig eingehängt werden. Und selbstverständlich muss dann zwischendurch probegeläutet werden, insofern kann es in den kommenden Tagen durchaus vorkommen, dass die Petersglocke ertönten wird.



domradio.de: Wird die Glocke denn genauso klingen wie zuvor?

Stens: Das kann man Sicherheit so noch nicht sagen! Wir werden hören, wie sie klingen wird. Der Klöppel hat wie sein Vorgänger auch, einen sogenannten Bronzepuffer an den Stellen, wo er anschlägt. Das ist in Fachkreisen nicht ganz unumstritten, denn da ist die Forschung inzwischen weitergegangen. Ob die Glocke durch diesen Bronzepuffer bedingt wieder so klingen wird wie vorher oder sogar besser, das müssen wir abwarten!

Das Interview führte Stephanie Gebert.



Hintergrund

Die als "Dicker Pitter" bekannte große Petersglocke im Kölner Dom erhält nach fast einem Jahr einen neuen Klöppel. Der inzwischen fertiggestellte Klöppel sei am Freitag in die Glockenstube des Domes gebracht worden, teilte das Erzbistum mit. Die Montage durch die niederländische Firma Eijsbouts sowie der Einbau eines neuen elektrischen Glockenantriebs durch das Herforder Werk HEW fänden in den kommenden Tagen statt. Ein abschließendes Probeläuten sei für den 7. Dezember geplant. Der alte, 800 Kilogramm schwere Klöppel war Anfang des Jahres wegen Materialermüdung gebrochen und auf die Wartungsebene des Glockenstuhls geprallt. Niemand wurde verletzt.



Das Klöppelblatt der größten freischwingenden Glocke der Welt mit dem Schlagton eines tiefen "C" war kurz vor Beginn des Hochamtes zum Dreikönigstag gebrochen. Der 1953 gefertigte Klöppel zum Anschlag der 24 Tonnen schweren Glocke Sankt Peter prallte auf die Wartungsebene des Glockenstuhls und verursachte lediglich geringe Sachschäden. Die Petersglocke, die seit 1925 zu besonderen Feiertagen wie Weihnachten und Silvester erklingt, gilt als musikalisches Meisterwerk mit einem reinen "C" als Schlagton. Sie bildet im Zusammenspiel mit weiteren Domglocken einen C-Dur-Akkord.



Technisch sorgte die Petersglocke von Anfang an aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts für Herausforderungen sowohl in der Herstellung als auch beim ersten Läuten. Die 1924 eingeweihte Glocke der Gießerei Ulrich aus dem thüringischen Apolda misst 3,20 Meter in der Höhe und 3,22 Meter in der Breite. Beim ersten Läuten zu Heiligabend 1924 riss bereits kurz nach dem Vorschwingen das Seil der Läutemaschine. Erst nach monatelangen Arbeiten gelang am 10. Oktober 1925 ein erstes feierliches Geläute mit allen Domglocken.



Klöppel und Aufhängung mussten in der Vergangenheit mehrfach geändert werden. Anfang der 50er Jahre trat in der Glocke ein Riss durch falsche Anschläge auf. Der Schaden konnte behoben werden. 1984 wurde eine Automatik mit einer Lichtschranke installiert. Dadurch werden ab einem bestimmten Läutewinkel die Motoren abgeschaltet. Die Glocke reguliert von da an ihre Kraftzufuhr selbst und kann gleichmäßig läuten.



Der dicke Pitter ist mit zahlreichen Inschriften verziert. Ein Spruch lautet "St. Peter bin ich genannt, schütze das deutsche Land. Geboren aus deutschem Leid ruf ich zur Einigkeit".


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