Benediktinermönch zum Tag der Vinyl-Schallplatte

In der Musik zusammenwachsen

Abt Notker Wolf ist Rockfan und hat schöne Erinnerungen an die Vinyl-Schallplatte. Doch Zeiten ändern sich. Und um die Jugend zu verstehen, müsse sich die Kirche mehr noch mit der Musik und den Medien der Jugend auseinandersetzen.

Das Suchen nach der richtigen Schallplatte / © AboutLife (shutterstock)
Das Suchen nach der richtigen Schallplatte / © AboutLife ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sind Sie auch Fan der Vinyl-Schallplatte?

Notker Wolf (Früherer Abtprimas der Benediktiner aus der oberbayerischen Erzabtei Sankt Ottilien): Ach, heute nicht mehr. Ich habe meine ganzen Vinyl-Schallplatten weggegeben.

DOMRADIO.DE: Wieso das denn, wenn man fragen darf?

Wolf: Es ist zu kompliziert, das Ganze aufzulegen. Ich musste natürlich schmunzeln, als ich gehört habe, dass es nun diesen Tag gibt. Früher hatte man die Heiligen an solchen Tagen – die waren Vorbilder – und jetzt belegt man also die ganzen Tage des Jahres mit irgendetwas. Aber gut, ich kann das schmunzelnd hinnehmen.

DOMRADIO.DE: Aber Sie hatten zumindest mal einen Faible für Schallplatten.

Wolf: Von den Rolling Stones hatte ich eine ganze Serie an Schallplatten.

DOMRADIO.DE: Sie sind also Rock-Musik-Liebhaber?

Wolf: Seit meiner Studentenzeit. Das waren die 68er damals.

DOMRADIO.DE: Sie machen allerdings auch selbst Musik.

Wolf: Ja. Allerdings hat sich unsere Band vor knapp zwei Jahren aufgelöst. Wir wohnen zu weit auseinander und können nicht mehr üben. Das miteinander üben, miteinander spielen, miteinander Songs produzieren, das ist das Eigentliche. Da lernt man die Anliegen der jungen Leute kennen, denn dann versteht man die Rockmusik von innen her. Rockmusik und Religion – das wird alles so abstrakt abgehandelt. Die Rockmusik ist ja ein Zeichen der Revolte der jungen Menschen gegen alle Bevormundung.

Und das ging dann besonders auch gegen die Religion und gegen Kirche. Die Kirche wird dabei so als ein Feld der Bevormundung angesehen – dabei ist sie das nicht. Nur oberflächlich gesehen ist es so. Deswegen ist es für uns Kirchenleute wichtig, mit den jungen Menschen zu reden und herauszufinden, warum sie die Kirche als Bevormundungsinstitution ansehen. Das ist sehr schade. Aber wenn man mit den Leuten redet und mit ihnen Musik macht, ist das etwas ganz Entscheidendes: Da wächst man mit den jungen Menschen zusammen und trägt ihr Lebensschicksal mit.

DOMRADIO.DE: Also würden Sie widersprechen, wenn ich sagen würde, Rockmusik und Kirche – das geht nicht zusammen.

Wolf: Das passt durchaus zusammen. Nur würde ich Rockmusik nicht beim Gottesdienst spielen. Weil bei der Rockmusik der Sänger oder der Gitarrist im Vordergrund stehen. In der Eucharistie sollte Christus das Zentrum sein.

DOMRADIO.DE: Jetzt gibt es ja aber viele Rocksongs, in denen der Teufel eine Rolle spielt. Ist das ein Problem für uns als gläubige Christen?

Wolf: Wir sollten das nicht zu ernst nehmen, sondern auch sehen, dass junge Menschen ihre Phasen durchmachen. Das kitzelt einfach so. Das Satanische, das Magische – das ist bei jungen Menschen durchaus drin. Denn Magie bedeutet ja auch, Macht gewinnen über andere, und damit wird einfach herumgespielt. Ich sehe das nicht so tragisch.

DOMRADIO.DE: Um noch einmal auf die Schallplatte zurückzukommen. Von ihnen gibt es ja CDs. Wer wäre denn ein Künstler, mit dem Sie gerne mal eine Schallplatte aufnehmen würden?

Wolf: Ach, meine Zeit ist vorbei. Mein Höhepunkt war immerhin der, als ich in Benediktbeuern beim Open-Air-Festival mit Deep Purple auf der Bühne "Smoke on the Water" gespielt habe.

DOMRADIO.DE: Wo liegt bei der Schallplatte der Unterschied zu der Art und Weise, wie junge Leute heute mit Streaming-Diensten im Internet Musik konsumieren? Früher war das ja noch ein wenig anders. Da konnte man noch seine Schallplattensammlung zeigen.

Wolf: Es war natürlich etwas Schönes und vor allen Dingen auch etwas Ruhiges, bis man die Schallplatte aufgelegt hatte. Vorher hat man geschaut, dass keine Kratzer drankommen, sonst hat die Schallplatte ja so einen ewigen Umlauf bekommen – die ganzen Tücken. Aber sich hinzusetzen und in Ruhe eine Schallplatte zu hören, das ist etwas anderes, als mit zwei Stöpseln in den Ohren irgendwelche Musik runterlaufen zu lassen.

Es ist bezeichnend, dass sich die Rock-Musik nicht mehr groß weiterentwickelt hat. Die großen Konzerte sind immer noch die alten Leute wie Deep Purple, AC/DC oder auch die Rolling Stones. Es ist erstaunlich, dass die immer noch so viele Leute anziehen können. Rock ist eine sehr ursprüngliche Musik, eine Musik des Drangs nach Freiheit. Und ich glaube, von der Seite müssen wir das sehen. Wir müssen mit den jungen Leuten zusammen sein. Dann merken wir, wo der Schuh drückt und was das eigentliche Anliegen ist. Alles andere, empfinde ich als recht oberflächlich.

Das Interview führte Moritz Dege.


Abtprimas Notker Wolf (KNA)
Abtprimas Notker Wolf / ( KNA )
Quelle:
DR