Der Missbrauchsskandal beschäftigt die belgische Kirche weiterhin

Erneute Hausdurchsuchungen

Die belgische Justiz hat wieder Haussuchungen in katholischen Bistümern des Landes unternommen. In Antwerpen und Hasselt wurden Befragungen vorgenommen und Dokumente sichergestellt. Die Kirche reagierte irritiert.

 (DR)

Die Untersuchungen seien vom Brüsseler Untersuchungsrichter Wim de Troy angeordnet worden und stünden im Zusammenhang mit Vorwürfen des Kindesmissbrauchs, berichteten belgische Medien am Montag (16.01.2012).



De Troy hatte auch im Juni 2010 die inzwischen gerichtlich als unzulässig eingestuften Durchsuchungen bei der Belgischen Bischofskonferenz und beim Erzbistum Mechelen-Brüssel angeordnet. Dabei waren Akten und Computer beschlagnahmt worden, darunter sämtliche vertraulichen Unterlagen der kirchlichen Missbrauchskommission. Diese trat danach aus Protest zurück. Inzwischen entschieden Prüfungsinstanzen, die Durchsuchungen seien rechtswidrig gewesen. Das beschlagnahmte Material sei zurückzugeben und dürfe nicht von der Justiz verwendet werden.



Belgiens Bischöfe entschuldigen sich

Der Anwalt der Belgischen Bischofskonferenz, Fernand Keuleneer, äußerte Zweifel an der Rechtmäßigkeit auch der Durchsuchungen vom Montag. Es sei noch zu früh für eine abschließende Bewertung; Fragen seien aber angebracht. Ein Sprecher des Bistums Antwerpen erklärte im flämischen Fernsehsender VRT, in seinem Bistum habe man den Justizbediensteten alle gewünschten Auskünfte gegeben. Sie hätten auch die Akten erhalten, nach denen sie gefragt hätten. Das Bistum habe zuvor Kopien anfertigen dürfen.



Belgiens katholische Bischöfe hatten sich am Donnerstag für Fälle von sexuellem Missbrauch durch Kirchenmitarbeiter entschuldigt. Das anfängliche Schweigen nach Bekanntwerden zahlreicher Fälle 2010 habe "nichts mit Gleichgültigkeit zu tun gehabt" oder mit dem Willen zur Vertuschung. Vielmehr sei es Ausdruck von Sprachlosigkeit gewesen. Bereits zuvor hatten die Bischöfe Entschädigungszahlungen angeboten. Je nach Schwere des Falles sollen zwischen 2.500 Euro und 25.000 Euro Schmerzensgeld gezahlt werden.



In Belgien wird seit fast zwei Jahren über Konsequenzen aus Kindesmissbrauch durch Geistliche debattiert. Auslöser war der Rücktritt von Bischof Roger Vangheluwe von Brügge im April 2010, der gestehen musste, einen Neffen jahrelang sexuell missbraucht zu haben.