Der Minister soll schon früher von Prämien für Bahnvorstand für Börsengang gewusst haben

Tiefensee unter Druck

Im Streit um Bonuszahlungen für den Vorstand der Deutschen Bahn beim Vollzug des umstrittenen Börsengangs gerät Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee zunehmend unter Druck. Erste Rücktrittsforderungen werden laut.

Autor/in:
Ralf Beunink
 (DR)

Medienberichten zufolge gibt es erhebliche Zweifel an der Darstellung des Ministers, wonach er erst vor ein bis zwei Wochen von den geplanten millionenschweren Sonderzahlungen für Bahnchef Hartmut Mehdorn und seine Vorstandskollegen erfahren haben will. Die Bahn wollte sich am Freitag auf Nachfrage nicht zu dem Thema äußern.

Wie die "Financial Times Deutschland" (Freitagausgabe) und das Internetportal der "Süddeutschen Zeitung" übereinstimmend berichteten, soll Tiefensee bereits früher über die Prämien informiert gewesen sein. Nach Informationen der Zeitung lag der Ministeriumsspitze spätestens am 2. Oktober der Börsenprospekt vor, in dem die Sonderprämien im Detail erklärt werden.

Per Entlassung aus der Schusslinie?
Damit dränge sich der Verdacht auf, dass Tiefensee seinen Staatssekretär Matthias von Randow am Mittwoch entlassen hat, um sich selbst aus der Schusslinie zu nehmen. Randow hatte am 24. Juni im Bahnaufsichtsrat die Extrazahlungen mit abgesegnet. Tiefensee habe aber erst "vor ein bis zwei Wochen davon erfahren", sagte sein Sprecher. Am vergangenen Wochenende hatte Tiefensee dann erklären lassen, dass er die Boni ablehnt.

Aus dem Umfeld des Verkehrsministeriums und des Bahnaufsichtsrats werde diese Darstellung vehement bezweifelt, berichtet die "Financial Times Deutschland" weiter. Tiefensee habe schon wesentlich früher von den Sonderzahlungen gewusst, hieß es. Erst im Zuge der Finanzmarktkrise und der öffentlichen Kritik an üppigen Sonderzahlungen für Manager habe der Politiker versucht, politisch daraus Kapital zu schlagen.

Dafür spreche auch, dass Mehdorn bereits am 25. September in einem Interview mit dem Magazin "Stern" eingeräumt habe, dass es einen entsprechenden Anreiz gebe. "Der Eigentümer gibt denen, die die Aktien verkaufen, Möhrchen, damit sie sich anstrengen, diese möglichst teuer zu verkaufen", so Mehdorn. Am 26. September wurde Mehdorn beim Nachrichtensender n-tv gefragt, "wie dick sind denn die Möhren". Mehdorns Antwort lautete, das komme darauf an, zu welchem Preis die Aktien weggingen.

"Der gesamte Bahnvorstand ist fällig"
Dem Internetportal "Sueddeutsche.de" zufolge reichen die Boni für Vorstandschef Mehdorn von 140 000 bis maximal 1,4 Millionen Euro, bei den anderen Vorständen lägen sie zwischen 100 000 und 120 000 Euro Minimum und maximal 1,0 Millionen bis 1,2 Millionen Euro.

Der Grünen-Verkehrsexperte Winfried Hermann verlangte die Ablösung der Konzernspitze der Bahn. "Der gesamte Bahnvorstand ist fällig, und auch der Aufsichtsrat muss erneuert werden", sagte er der "Berliner Zeitung" (Freitagausgabe). Die FDP forderte den Rücktritt Tiefensees. Nur so sei noch weiterer Schaden von der Bahn abzuwenden.

Unterdessen berichtete die "Süddeutsche Zeitung" (Freitagausgabe), dass die Grundgehälter der Bahn-Vorstände im nächsten Jahr deutlich steigen sollen. Das Plus betrage teilweise mehr als 20 Prozent. Das Jahresgehalt von Bahnchef Mehdorn steige demnach von 750 000 auf 900 000 Euro. Mehdorns Leistungszulage könnte im für ihn günstigsten Fall in diesem Jahr 2,99 Millionen Euro und 2009 rund 3,51 Millionen Euro betragen. Die Bahn wollte dies weder bestätigen noch dementieren. Ein Sprecher sagte, dass die Vorstandsgehälter "im unteren marktüblichen Bereich" lägen.