Der Historiker Jäckel wird 80 Jahre alt

Das Grauen der Nazi-Zeit ausgeleuchtet

Er hat das Grauen der Menschen verachtenden Nazi-Herrschaft ausgeleuchtet wie kaum ein anderer Wissenschaftler. Seine Bücher über Hitler gehören zu den Standardwerken der Geschichtswissenschaft. Am Montag wird der auch als "Gentleman"-Gelehrte charakterisierte Wissenschaftler Historiker Eberhard Jäckel 80 Jahre alt.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

"Hitlers Weltanschauung", so hieß Jäckels bahnbrechendes Buch aus dem Jahr 1969. Darin arbeitete er erstmals heraus, dass Hitler eine zwar krude, aber in sich geschlossene Weltanschauung besaß. Vor allem hatte er zwei Ziele: den Gewinn von "Lebensraum im Osten" und die "Entfernung der Juden in Europa". Mit diesen Thesen über Hitler wurde der Ingenieurssohn Jäckel zu einem der prominentesten Vertreter der Forschungsrichtung, die man die "intentionalistische Schule" nannte und die den "Führer" ganz im Zentrum der Entscheidungsprozesse des "Dritten Reiches" sah.

Mit seinem Hinweis auf die zentrale Bedeutung des Juden-Hasses für Hitlers Weltanschauung hat Jäckel auch die Holocaust-Forschung stark geprägt. Noch heute gilt die Publikation zum "Mord an den Juden im Zweiten Weltkrieg", die aus einem von Jäckel 1985 in Stuttgart veranstalteten internationalen Kongress hervorgegangen ist, als Standardwerk der Forschung. Die "Enzyklopädie des Holocaust", die er 1993 gemeinsam mit Peter Longerich und Julius H. Schoeps vorlegte, wurde als "fulminantes Handbuch zur nationalsozialistischen Gewaltherrschaft" gerühmt.

Stets den Weg in die Öffentlichkeit gesucht
Nach Stationen in Freiburg und Kiel war der Historiker 1967 Golo Mann auf den Lehrstuhl für Neuere Geschichte in Stuttgart gefolgt, den er bis 1997 innehatte. Zusammen mit Lea Rosh drehte er 1990 die vierteilige Fernsehdokumentation "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland". Für das dazu gehörige Buch erhielten die beiden den Geschwister-Scholl-Preis.

Überhaupt suchte Jäckel stets den Weg in die Öffentlichkeit: durch zahlreiche Fernsehdiskussionen, eine 1969 mit begründete sozialdemokratische Wählerinitiative oder das Eintreten für verfolgte Kollegen in der damaligen Tschechoslowakei auf dem Moskauer Historikerkongress 1970. 1991/1992 leitete er die Historiker-Kommission, die mit der Neukonzipierung der "Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald" betraut war.

Zusammen mit Rosh unterstützte er auch die Bürgerinitiative zur Errichtung eines Mahnmals für die ermordeten Juden Europas in Berlin. Jäckel wird ein hoher Anteil daran zugeschrieben, dass der Deutsche Bundestag sich dieses Projekt parteiübergreifend zu eigen machte.

Unbeeindruckt von Modeströmungen, hat er seine Historiker-Kollegen immer wieder vor "besessenen Einseitigkeiten" im Umgang mit der deutschen Geschichte gewarnt. Das 20. Jahrhundert, das er mit seinen Weggabelungen und Weichenstellungen immer wieder in den Blick nahm, taufte er im letzten seiner zahlreichen Bücher "Das deutsche Jahrhundert".