Der Ex-Piusbruder und Holocaust-Leugner Williamson wird 75

Bischof im Abseits

Richard Williamson ist ein Provokateur, viele in Kirche und Welt hat er gegen sich aufgebracht. Jetzt wird der umstrittene Bischof 75.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Richard Williamson (KNA)
Richard Williamson / ( KNA )

Richard Williamson hat nichts ausgelassen, um sogar die Leitung der traditionalistischen Piusbruderschaft gegen sich aufzubringen: Veröffentlichung vertraulicher Dokumente, dauernde Seitenhiebe gegen die theologischen Verhandlungen mit dem Vatikan, zuletzt eine unverhohlene Rücktrittsforderung an den Generaloberen Bernard Fellay. Im Oktober 2012 war das Fass übergelaufen: Die Leitung der Bruderschaft teilte den Rauswurf des britischen Bischofs mit. Seitdem ist es immer stiller um ihn geworden. Jetzt wird Williamson 75 Jahre alt - ein Alter, wo andere Bischöfe dem Papst ihren Rücktritt anbieten müssen. Das muss er nicht.

Williamson war der Rechtsaußen der ultrakonservativen Priesterbruderschaft St. Pius X., die im Pontifikat von Papst Benedikt XVI. (2005-2013) die vatikanische Diplomatie mit Maximalforderungen vor sich hertrieb. Joseph Ratzinger hatte als Präfekt der Glaubenskongregation alle Details der Spaltung des Jahres 1988 live miterlebt, er wusste um alle theologischen Streitpunkte. Nun kam er ihnen weit entgegen, um der von Rom getrennten Gemeinschaft eine Rückkehr zu ermöglichen. Er hat dafür harsche Kritik, Häme und Spott auf sich genommen - und geriet vor allem wegen einer Aktion Williamsons in Erklärungsnot.

Holocaust geleugnet

In einem TV-Interview hatte Williamson im November 2008 den Holocaust geleugnet. Nicht sechs Millionen, sondern lediglich 300.000 Juden seien von den Nazis ermordet worden. Dieses Interview wurde im Januar 2009 ausgestrahlt, just an dem Tag, als Benedikt XVI. als Versöhnungsgeste die Rücknahme der Exkommunikation für die vier Bischöfe der Bruderschaft verkünden ließ - darunter auch Williamson.

Ein peinlicher Eklat nicht nur für Rom. Auch dem einigungswilligen Generaloberen Fellay wurde der rechtsauslegende Dissident zunehmend unbequem. In Argentinien, wo Williamson damals das Priesterseminar der Piusbrüder leitete, stellte man ihm den Stuhl vor die Tür. Als ihm auch die argentinische Regierung zusetzte, floh er nach England, von wo er seine Eskapaden fortsetzte. Auch ein Publikationsverbot der Leitung hielt Williamson nicht davon ab, das zwischen Rom und Econe vereinbarte Stillschweigen zu umgehen und alle Einigungsbemühungen zu sabotieren.

Aus der Bruderschaft ausgeschlossen

Interne Dokumente tauchten im Internet auf; die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Oberen und den drei anderen Bischöfen konnten nicht verborgen bleiben. Fellay beklagte, er werde von den eigenen Leuten hintergangen. In der heißen Phase der Verhandlungen im Frühjahr 2012 teilte der Vatikan mit, man werde nur noch mit Fellay selbst verhandeln. Anfang Juli wurde Williamson gar vom Generalkapitel der Bruderschaft ausgeschlossen.

Danach ging der "Heldenbischof", wie er in einschlägigen Internetforen gefeiert wurde, endgültig andere Wege. Nach katholischem Kirchenrecht ist Williamsons Bischofsweihe zwar unerlaubt, aber gültig. Damit hätte er seinerseits eigene Anhänger zu Bischöfen weihen - und die Abspaltung von der Abspaltung weiter zementieren können. Der Holocaust-Leugner als Generaloberer einer neuen Bruderschaft, noch konzilsfeindlicher als die seines 1991 verstorbenen Lehrmeisters Erzbischof Marcel Lefebvre? Eine Williamson-Bruderschaft? Dazu kam es nicht.

Neue Initiative

Aber auch zu nicht viel anderem. Der vagante Bischof gründete die sogenannte "Sankt-Marcel-Initiative", offenbar zu Ehren seines Ziehvaters und «Pius»-Gründers Marcel Lefebvre (1905-1991), weil er sich ein «loses Netzwerk unabhängiger Widerstandsnester» wünschte - ohne "Strukturen falschen Gehorsams" wie in der "Mainstream-Kirche".

Nebenher gab es für ihn weitere Adressen des Nichtwillkommens: Im Juni 2014 verweigerte Australien Williamson eine Einreiseerlaubnis. In Deutschland, näherhin in Regensburg, gab es ein jahrelanges gerichtliches Gezerre. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung ein. Aus dem ursprünglichen Strafbefehl in Höhe von 12.000 Euro im Oktober 2009 wurde schrittweise eine Reduzierung auf 1.800 Euro. Das Urteil ist seit 2014 rechtskräftig. Doch Regensburg, früher Wirkungsort von Benedikt XVI., steht wohl ohnehin nicht mehr auf der Reiseliste des Richard Williamson.


Quelle:
KNA