Debatte im Bundestag zur Bankenkrise - Regierungserklärung Merkels angekündigt

Konsequenzen gefordert

Als Folge der jüngsten Finanzmarktkrise wird auch in Deutschland der Ruf nach Konsequenzen für den Bankensektor immer lauter. Politiker, Finanzexperten und Verbraucherschützer fordern eine stärkere staatliche Kontrolle von Finanzprodukten und mehr Transparenz im Bankensektor. Über Konsequenzen der Finanzkrise debattiert am diesem Dienstag auch der Bundestag in Berlin. Dazu will Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Regierungserklärung abgeben.

 (DR)

Bundesregierung und Finanzwirtschaft hatten am Wochenende ein Rettungspaket in Höhe von insgesamt 50 Milliarden Euro für die in Finanznot geratene Münchner Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) vereinbart. Zudem hatten Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) eine Staatsgarantie für alle privaten Spareinlagen angekündigt.

Als Folge der Finanzmarktkrise fordert der Bundesverband der Verbraucherzentralen, Finanzprodukte staatlich zu kontrollieren. Der Auftrag der Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin müsse erweitert werden, sagte Vorstand Gerd Billen dem «Handelsblatt» (Dienstagausgabe). «Das betrifft die Produktbeobachtung. Es betrifft aber auch die öffentliche Warnung der Verbraucher vor faulen Eiern.« Banken und Sparkassen müssten für eine Marktbereinigung sorgen und dürften unsichere Produkte nicht mehr anbieten.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht den Staat vor einer beispiellosen Herausforderung. Wenn der Höhepunkt der Krise überwunden sei, müsse über ordnungspolitische Konsequenzen nachgedacht werden, forderte BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf in der «Financial Times Deutschland» (Dienstagausgabe). «Wir brauchen die Europäisierung der Bankenaufsicht, mehr Kontrolle über Ratingagenturen und müssen sicher auch über eine stärkere Haftung von Investmentbankern nachdenken», sagte er.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) dringt ebenfalls auf Konsequenzen aus der Bankenkrise. So müsse die europäische Finanzmarktbranche künftig aus eigenen Mitteln einen «Haftungsverbund» finanzieren, sagte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki der Nachrichtenagentur ddp. Ein solcher Fonds könne von Liquiditätsengpässen bedrohten Banken unter die Arme greifen. Zudem müsse es für öffentliche Nothilfeprogramme eine Gegenleistung geben. «Öffentliches Geld darf es nur gegen Eigentumsrechte und die direkte Einflussnahme auf die Geschäftspolitik geben.»

Die Grünen-Fraktionsvize Christine Scheel forderte die Bundesregierung ebenfalls auf, die HRE zu Gegenleistungen für das staatliche Hilfsprogramm zu verpflichten. Die Regierung dürfe Privatbanken nicht ohne Gegenleistung helfen, sagte Scheel der «Berliner Zeitung» (Dienstagausgabe). «Es gibt keine kostenlose Garantie.» Der Bund müsse von der HRE verlangen, an künftigen Erträgen beteiligt zu werden. Auch eine Teilverstaatlichung des Konzerns müsse geprüft werden.

Nach Ansicht von Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) reicht die Staatsgarantie für private Einlagen nicht aus. Wenn Anleger in großem Stil Bankeinlagen abzögen oder die Banken sich gegenwärtig kein Geld mehr liehen, könne dies zum finanzwirtschaftlichen Kollaps führen, sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Dienstagausgabe). «Diese Gefahr wäre gebannt, wenn der Staat alle Einlagen bei Banken garantiert», schlug Sarrazin vor.

Die CSU-Mittelstands-Union spricht sich derweil für die Überführung der BaFin in die Bundesbank aus. Die gegenwärtige Finanzkrise habe gezeigt, dass die Zersplitterung der Aufsicht zwischen Bundesbank und BaFin überschneidende Zuständigkeiten und unnötige Reibungs- und Informationsverluste bringen, erklärte der Vorsitzende der Union, Hans Michelbach, am Dienstag in München.

Auch der frühere FDP-Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff forderte in der «Neuen Presse» (Dienstagausgabe) »viel mehr Transparenz im Bankensektor". Außerdem müsse überlegt werden, ob Investmentbanken mit ihrer Sonderrolle überhaupt überlebensfähig seien: «Ich glaube, das ist nicht der Fall», sagte Lambsdorff.