Das Theaterspielen in Oberammergau geht nächstes Jahr weiter

Nach Jesus nun Joseph

Die Bärte sind ab, die Haare wieder kurz, doch der Theatervirus hat die Oberammergauer noch nicht wieder verlassen. Schon zur Halbzeit der Passionsspiele war für die Gemeinde und ihre Laiendarsteller klar: Es muss weiter gehen. Neun Jahre, um auf das nächste Spiel vom Leiden und Sterben Jesu zu warten, sind einfach zu lang.

Autor/in:
Barbara Just
 (DR)

Vor allem die Jugend habe eine "unheimliche Gaudi" am Theaterspielen, wie Regisseur Christian Stückl betont. Auf Wunsch der Gemeinde und seiner Laienspieler hat sich der Theatermann schon im Juli auf die Suche nach einem passenden Stoff für das nächste Jahr gemacht, wie er am Freitag in München bei der Vorstellung des Programms für 2011 verrät. Beim Bücherwälzen und Surfen im Internet stieß er auf Thomas Manns Roman "Joseph und seine Brüder". Der alttestamentlich Stoff habe ihm gleich gefallen, sagt Stückl. Als er auch noch die Bühnenversion davon aus der Feder John von Düffels für das Düsseldorfer Schauspielhaus 2009 entdeckte, lud er den Autor nach Oberammergau ein.



Doch das mehr als Kammerspiel mit langen Monologen und auf sechs Stunden angelegte Werk, hätte sich nicht eins zu eins auf die große Bühne des Passionsspieltheaters übertragen lassen. Daher hat sich Stückl selbst durch das vierbändige Werk des Nobelpreisträgers Mann gelesen. Keine leichte Lektüre, wie er einräumt. "Manchmal kannst" schon verzweifeln, wenn ein Satz auf Seite 37 beginnt und auf Seite 42 endet." Sein Büro soll derzeit einer Zettelsammlung gleichen. Aber den roten Faden für den Stoff, den er für seine Aufführung braucht, habe er, versichert der Regisseur.



Premiere am 15. Juli 2011

Ideen sind da - und dass alles rechtzeitig zur Premiere am 15. Juli 2011 fertig wird, davon ist Stückl überzeugt. Dabei kann er sich auf das bewährte Passionsspielteam mit Bühnenbildner Stefan Hageneier und Markus Zwink verlassen, der die völlig neu zu komponierende Musik macht. Im Januar wird der Aufruf an die Bevölkerung über die örtliche Zeitung ergehen, wer beim Theaterspiel mitmachen möchte. 300 Leute sind gesucht, dazu kommen Chor und Orchester. Mitspielen darf jeder, der sich meldet.



Einen direkten Bezug von Thomas Mann zu Oberammergau gibt es tatsächlich. Um dem Presserummel in München nach der Zuerkennung des Literatur-Nobelpreises 1929 zu entfliehen, zog sich der Schriftsteller mit seiner Frau Katia in dem oberbayerischen Gebirgsort zur Erholung in der Pension Böld zurück. Das Oberammergauer Museum wird vom 9. Juni bis 25. Oktober 2011 auf Mann und den Joseph-Roman in einer Sonderausstellung eingehen.



Das Schöne an der offenen, großen Bühne sei, dass man wie im Kindergarten mit allem spielen könne, schwärmt der Regisseur. Deshalb hat er kamelreitende Händler bereits fest eingeplant. Acht Aufführungen soll es geben. Für die Zukunft hofft Stückl für Oberammergau, das eines der "größten Laientheater der Welt" aufbieten könne, dass sich auf Dauer ein über Bayern hinaus bekanntes Sommerfestival etablieren lasse. Bühnestücke mit religiös oder mythologischem Inhalt schweben ihm vor. Dabei müsse es nicht immer eine Geschichte aus der Bibel sein.



Bekannte Gesichter werden wieder auftauchen

Die Gemeinde scheint den Weg mitgehen zu wollen. Um das Ganze finanziell neu zu regeln, ist eine kleine GmbH gegründet worden, die für die Theaterveranstaltungen und das Drumherum verantwortlich ist. Sie soll auf Dauer einen wirtschaftlichen Erfolg einfahren. Das nötige Startkapital gab es von der Kommune, die sich diese Konstruktion andernorts abgeschaut hat.



Sicherlich werden in den Hauptrollen einige bekannte Gesichter aus der Passion wieder auftauchen. Entschieden ist bisher nichts. An Probezeit rechnet Stückl sieben bis acht Wochen. Noch muss das Projekt ein wenig ruhen, denn der Regisseur, hauptberuflich Intendant am Münchner Volkstheater, ist anderweitig beschäftigt. Am 22. Januar 2011 hat unter seiner Regie "Die Dreigroschenoper" von Bertolt Brecht und Kurt Weill Premiere.