Die Oberammergauer Passionsspiele gehen stimmungsvoll zu Ende

Kerzen, Kamele und stehender Applaus

Mit einer großen Schlussaufführung sind am Sonntagabend in Oberammergau die Passionsspiele 2010 zu Ende gegangen. Zum letzten Akt waren mehr als 20 deutsche Bischöfe angereist, angeführt vom Münchner Erzbischof Reinhard Marx, dem Schirmherrn der Passionsspiele.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Nach 109 Aufführungen vor mehr als einer halben Million Besuchern aus aller Welt beendete die oberbayerische Gemeinde die 41. Erfüllung ihres Gelübdes aus dem Pestjahr 1633. Kurz vor Mitternacht kamen noch einmal alle 2.000 Akteure auf die Bühne, entzündeten Kerzen und bedankten sich für den guten Verlauf. Unter dem stehenden Applaus der 5.000 Gäste und mit dem gemeinsamen Dankgesang "Großer Gott wir loben Dich" schloss die Passion 2010.



"Es waren die schönsten, die größten und die friedlichsten Passionsspiele", resümierte Spielleiter Christian Stückl, der bereits zum dritten Mal die Inszenierung verantwortete. Zum Finale gab es noch einige Extras. So sorgten auf der Bühne nicht nur Schafe, Ziegen und Pferde, sondern auch Kamele für nahöstliches Flair.



Zehn Minuten vor Schluss der fast sechsstündigen Aufführung öffneten die Organisatoren die Tore des Passionsspielhauses. Auch die nicht-beteiligten Bürger und Besucher der oberbayerischen Gemeinde sollten die letzten Szenen und Gesänge miterleben. Anders als bei der bitterkalten Premiere spielte am Schlusstag auch das Wetter mit. Gemessen wurden spätsommerliche 25 Grad. Der Sternenhimmel über dem offenen Bühnendach gab den abendlichen Szenen zusätzlichen Reiz.



"Es ist eine stark an der Heiligen Schrift orientierte Aufführung"

Manches war diesmal anders beim Mysterienspiel über Leben, Leiden, Tod und Auferstehung Christi. Noch deutlicher als vor zehn Jahren erschien Jesus als Jude, der der Religion der Väter, den Gesetzen und Propheten folgt und sie erneuern will; der die Thora liest und das jüdische Pessachfest feiert. Jesus-Darsteller Andreas Richter, von Beruf Psychologe, sprach mehrfach Gebete auf Hebräisch. Vorbei sind die Zeiten, wo jüdische Organisationen in Drehbüchern der Oberammergauer Passion antisemitische Tendenzen beanstandeten. Für 2010 war der Text des früheren Pfarrers Joseph Daisenberger (1799 bis 1883) erneut überarbeitet worden.



Sehr zufrieden äußerte sich Erzbischof Marx. "Es ist eine stark an der Heiligen Schrift orientierte Aufführung, die zugleich die heutigen Erfahrungen aufgreift, mit heutiger Sprache arbeitet und unmittelbar die Menschen berührt", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der Text bringe eine Reihe neuer Interpretationen, die freilich von der Bibel gedeckt seien. Marx verwies dabei etwa auf die internen Auseinandersetzungen im Hohen Rat über die Person Jesu. Es gebe etliche Punkte, "die neu akzentuiert sind, die sehr vernünftig und plausibel sind, die dem ökumenischen Gespräch und dem Kontakt mit dem Judentum heute angemessen sind."



Auch der Berliner Weihbischof Matthias Heinrich lobte die "großartige Inszenierung". Es sei keine "puristische Übertragung sondern eine eindrucksvolle Umsetzung der Passionsgeschichte".



Nicht irgendein Theaterstück

Schon bei einer Messe am Morgen hatte der Münchner Erzbischof in der Pfarrkirche von Oberammergau der Gemeinde gedankt und Schauspielern wie Spielleiter seinen hohen Respekt bekundet. Sie hätten mit ihrer Spielfreude überspringende Begeisterung erzeugt. Immerhin sei die Passion Christi nicht nur ein Schauspiel, sondern ein geistliches Ereignis, die Erfüllung eines Gelübdes, auf das man sich auch in diesem Jahr gründlich vorbereitet habe.



Ein Teil der Schauspieler sei zuvor zu einer Besinnungsreise im Heiligen Land gewesen, erinnerte der Erzbischof. Vor den Spielen werde gebetet. "Daran spürt man, dass es eben nicht nur um irgendein Theaterstück geht, sondern dass die Menschen wissen, hier geht es um die größte Geschichte aller Zeiten."