Das Problem Lebensmittelverschwendung

Wenn der Kühlschrank selber die Vorstufe des Müllberges ist

Der Kinofilm "Taste the Waste" - zu Deutsch "Probier den Müll" - zeigt ab kommender Woche die gnadenlose Welt des Wegwerfens von Lebensmitteln. Grünen-Politikerin Bärbel Höhn hat ihn schon gesehen – und spricht im domradio.de-Interview über Ursachen und mögliche Lösungen des Problems.

 (DR)

domradio.de: Am Horn von Afrika hungern momentan Millionen von Menschen - warum ist es so schwierig die überflüssigen Lebensmittel zu nutzen?

Höhn: Von jeder Moralvorstellung her passt das nicht. Und trotzdem ist die Situation, dass sehr viele Lebensmittel weggeschmissen werden, nur sehr schwer in den Griff zu kriegen, auch politisch. Wir brauchen ganz viele verschiedene Bausteine, um das Problem auch nur annährend anzugehen. Aber wir müssen es angehen, weil es einfach auch ethisch und moralisch verwerflich ist, wenn man die Hälfte der Lebensmittel wegschmeißt.



domradio.de: Welche Bausteine meinen Sie?

Höhn: Der Film selber greift einige auf: Das geht damit los, dass von der EU lange Zeit enorme Normen an die Lebensmittel gesetzt worden sind. Die Gurke, die nicht krumm sein darf, die bestimmte Anzahl Bananen an einer Staude und mit einer bestimmten Länge, bis Juli durften Kartoffeln der Klasse zwei nicht in den Handel kommen. Alle diese Normen führen automatisch zu sehr viel Ausschuss. Bei Kartoffeln ist das jetzt geändert worden. Und ich hoffe, dass das jetzt auch zunehmend bei anderen Lebensmitteln aufgeweicht wird. So dass der Handel auch mehr nimmt, und dass wir dadurch schon einen Teil des Wegschmeißens wegbekommen. Ein zweiter ganz wichtiger Punkt, der am anderen Ende der Kette ansetzt, sind die Tafeln, die Lebensmittel aus den Supermärkten verteilen, deren Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist, aber dennoch noch verwendbar sind. Und gleichzeitig propagieren, dass wieder gut und gesund und preiswert gekocht werden kann. Das sind zwei Bausteine. Es gibt aber noch viele mehr.



domradio.de: Was kann der einzelne Verbraucher tun?

Höhn: Wir können mehr einsparen. Wenn wir weniger nachfragen, sinken die Preise für Lebensmittel. Und das ist für die ganze Welt von Vorteil. Wenn man sieht, wie oft der Kühlschrank selber die Vorstufe des Müllberges ist, dass ganz viel nicht aufgegessen und weggeschmissen wird, wenn man sieht, wie häufig die Teller zu sehr aufgefüllt werden.



domradio.de: Das Problem ist nicht neu, warum ändert sich so langsam das Verständnis in Politik und Gesellschaft?

Höhn: Die Situation hat sich schon dadurch ein Stück dramatisiert, dass wir in den letzten Jahren durch die steigenden Energie-, Öl- und Lebensmittelpreise bekommen haben. Und das weltweit. Hinzu kommt die zunehmende Spekulation an den Lebensmittelbörsen.



Das Gespräch führte Mathias Peter.