Das Katholische Büro Thüringen zur Gauck-Kritik an linker Regierungsverantwortung

"Die Linke ist nicht homogen"

Der Bundespräsident hat seine Probleme mit der Linkspartei in Regierungsverantwortung ausgedrückt. Darf er das? Winfried Weinrich, Leiter des Katholischen Büros in Thüringen, im domradio.de-Interview.

Bundespräsident Gauck und die Linke (dpa)
Bundespräsident Gauck und die Linke / ( dpa )

domradio.de: Der Bundespräsident mischt sich ein. Wie ist das bei Ihnen in Thüringen, bei den Thüringern, aufgenommen worden?

Weinrich: Es gibt sehr unterschiedliche Reaktionen, von Zustimmung, aber auch Ablehnung, Unverständnis. Es ist die ganze Bandbreite der Reaktionen. Ich muss allerdings persönlich sagen, ich sehe hier keine Koalitionsempfehlung des Bundespräsidenten. Aus seiner Biographie ist für mich seine Äußerung zumindest nachvollziehbar.

domradio.de: Er hat ja auch biographisch argumentiert. Er hat gesagt, es gebe Teile in dieser Partei, wo er, wie viele Andere auch, Probleme damit hätten, Vertrauen zur Linkspartei zu entwickeln. Beobachten Sie das auch bei den Menschen in Thüringen, die eine ähnliche Biographie haben wie Joachim Gauck?

Weinrich: Es gibt auch diese Reaktionen, auch Vorbehalte. Man muss allerdings sagen, es sind natürlich Wahlentscheidungen. Wahlentscheidungen, die getroffen worden sind und die man zunächst mal auch respektieren muss. Ich mache allerdings auch die Beobachtung - ich habe selbst auch natürlich Kontakte zu allen Parteien im Thüringer Landtag, auch zu den Linken - dass es natürlich auch eine innerparteiliche Diskussion über Themen gibt, zum Beispiel über den Unrechtsstaat. Ich habe das selber auch erlebt. Und da merke ich, dass hier die Thüringer Linke und die Linke insgesamt auch im Osten Deutschlands hier noch nicht am Ende der Diskussion ist, auch was die Akzeptanz des Begriffes Unrechtsstaat betrifft.

domradio.de: Es geht ja hier um die Frage der Aufarbeitung. Wie geht die Linke mit ihrer Geschichte um, mit ihrer SED-Vergangenheit? Das heißt, wenn ich Sie richtig verstehe, die Linke in Thüringen ist in sich auch keine geschlossene Gruppe, sondern da wird auch diskutiert.

Weinrich: Ich beobachte das, wie in anderen Parteien auch, dass es in einer Partei auch verschiedene Diskussionen, Strömungen gibt, auch zu dem Begriff Unrechtsstaat. Von daher erlebe ich die Linke wie andere Parteien auch, auch in dieser Thematik, nicht homogen. 

domradio.de: Es wird ja gerade viel über die Regierungsbildung in Thüringen gesprochen. Es läuft ja wohl - daher auch die Äußerung des Bundespräsidenten - auf Rot-Rot-Grün hinaus. Es ist ein demokratisches Wahlergebnis, das man ja, wie jede andere Kombination, akzeptieren muss, oder?

Weinrich: Das sehe ich auch so. Der Wähler hat eine Entscheidung getroffen. Aus diesem Wahlergebnis haben sich verschiedene mögliche Konstellationen ergeben und ich meine, die muss man zunächst einmal auch zur Kenntnis nehmen. Dann wird es natürlich darauf ankommen, das auch zu messen, zum Beispiel an einer Koalitionsvereinbarung bzw. wie wird die auch umgesetzt. Da ist für mich der Maßstab: Dient das, was diese Koalition möchte, den Menschen in Thüringen? Hilft es auch unserem Gemeinwesen in den nächsten Jahren auch weiter? Das wird die entscheidende Schlüsselfrage sein.

domradio.de: Diese Debatte dreht sich um einen möglichen ersten linken Ministerpräsidenten. Die Linke in Regierungsverantwortung gibt es ja aber in mehreren ostdeutschen Bundesländern.

Weinrich: Wir haben die Regierungsverantwortung ja schon in Mecklenburg-Vorpommern und auch in Brandenburg erlebt. Da gibt es ja auch Erfahrungen, die die Parteien miteinander und auch die Menschen dort gemacht haben. Man muss dann auch eine Regierung, egal welche Konstellation, an dem messen, was zum Wohl des Landes gereicht. Das wird sehr entscheidend sein.

Das Gespräch führte Matthias Friebe.


Quelle:
DR