Das Geschäft mit Altkleidern ist längst global

Des T-Shirts letzte Reise

Es geschieht täglich tausendfach in Deutschland: Altmodische T-Shirts, Hosen und Pullover werden aus Kleiderschränken verbannt und landen in Altkleidercontainern. In den bundesweit rund 120.000 Containern mag so mancher das Ende seiner abgegebenen Kleidungsstücke vermuten. Viele Klamotten treten jedoch eine weite Reise an.

Autor/in:
Martin Meuthen
 (DR)

Es ist ein Kreislauf: "Die Afrikaner bauen Baumwolle an, die dann zum großen Teil nach China exportiert wird", erklärt Roger Peltzer von der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft. In Asien werde die Baumwolle gesponnen, zu Stoffen gewoben und Kleidung daraus genäht, die zum Verkauf nach Europa oder Nordamerika komme. "Anschließend kommen die Altkleider zurück auf die Märkte Afrikas." Dort kostet ein Hemd, je nach Land, umgerechnet zwischen zwei und vier Euro.

Knapp 750.000 Tonnen Altkleider wurden 2007 allein in Deutschland entsorgt. Würde man diese in Containern verpackt auf einen Güterzug laden, wäre er über 1.500 Kilometer lang. Nur ein Bruchteil dieser riesigen Menge landet direkt in Secondhand-Shops oder den karitativen Kleiderkammern deutscher Städte.

Sobald Altkleider in einem Container landen, haben sie einen neuen Wert - vergleichbar mit einer Geldspende. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) finanziert durch den Altkleiderverkauf etwa seine Suppenküchen. Doch nicht alles ist verwertbar: "Ein Drittel des Inhaltes aus den Kleidercontainern ist Müll", heißt es in einem Positionspapier des DRK. 60 Prozent sei zwar verwertbar, aber nicht mehr zum Tragen geeignet. Daraus werden dann Putzlappen oder Autoteppiche.

In Afrika will niemand mehr die Mode von vor drei Jahren tragen
"Gebrauchte Kleidung ist heute ein Rohstoff, mit dem ganz normal gehandelt wird", erklärt Francisco Mari vom Altkleider-Dachverband "FairWertung". In den Häfen Afrikas werden jährlich etwa 400.000 Tonnen Altkleider umgeschlagen. Ein kleiner Schiffscontainer mit drei bis vier Tonnen Textilien kostet rund 30.000 Euro. Qualität und Stil entscheiden mit über den Preis. "In Afrika will niemand mehr die Mode von vor drei Jahren tragen. Was auch überhaupt nicht geht, sind Löcher oder Flecken", erklärt Mari.

Die vielfache Kritik, Altkleiderimporte zerstörten die afrikanische Textilindustrie, kennt Mari. Deshalb hat FairWertung mit Unterstützung des Evangelischen Entwicklungsdienstes von 2003 bis 2005 die Auswirkungen der Altkleiderimporte in verschiedenen Ländern Afrikas untersucht. Ergebnis: Gebrauchte Kleidung ist mittlerweile allgemein akzeptiert und der Handel mit ihr ein wichtiger Wirtschaftszweig.

Hindernis zur Wiederbelebung der afrikanischen Textilindustrie
Zudem sei nicht die Einfuhr von Altkleidern, sondern vielmehr die Liberalisierung der Weltmärkte für den Niedergang der Textilindustrie verantwortlich. "Durch Strukturanpassungsprogramme wurde die staatliche Subvention der Textilindustrie verboten", erklärt Mari. Viele Betriebe konnten daraufhin die Weltmarktpreise für Stoffe, Farben und Maschinen nicht mehr bezahlen.

Der Entwicklungsexperte Peltzer sieht in den massiven Importen dennoch ein Hindernis zur Wiederbelebung der afrikanischen Textilindustrie. "Wenn Sie Marktanteile von 60 bis 80 Prozent an gebrauchter Kleidung haben, wen soll denn die lokale Industrie noch bedienen?" Deutsche Sammelbetriebe sollten sich überlegen, ob sie überhaupt nach Afrika exportierten.

Die dortige Industrie müsse zudem effektiver gegen Monopole und Zollbetrug geschützt werden. "Es kommt sehr häufig vor, dass die Kleider als Lumpen deklariert werden und dann zollfrei ins Land gelangen", sagt Peltzer. Daher müssten die Sammelbetriebe zumindest auf eine ordentliche Verzollung bestehen. "Das würde den Altkleidermarkt nicht austrocknen."