Das Engagement der Caritas in Zwickau

Kirche gegen Rechts

Die drei mutmaßlichen Haupttäter der rechtsextremistischen Terrorzelle lebten zuletzt im sächsischen Zwickau. In dem Bundesland engagiert sich seit sechs Jahren die Arbeitsgemeinschaft "Kirche für Demokratie gegen Rechtsextremismus", die jetzt dafür im Rahmen des "Sächsischen Förderpreises für Demokratie" geehrt wurde.

 (DR)

Die Caritas ist dort durch Silke Maresch vertreten, die als Sozialarbeiterin in Pirna Migranten berät.





KNA: Frau Maresch, Sie haben in den vergangenen Jahren immer wieder vor den Gefahren des Rechtsextremismus gewarnt. Hat die Politik die Probleme unterschätzt?

Maresch: Ja, auf jeden Fall. Die Tendenzen sind in den letzten Jahren eigentlich schon zu erkennen gewesen. Wir haben als Arbeitsgemeinschaft immer versucht, darauf aufmerksam zu machen und diesen Entwicklungen entgegenzuwirken. Aber wir kamen uns da manchmal vor wie die einsamen Rufer in der Wüste. Die im vergangenen Jahr erlassene Extremismusklausel, die geförderte Gruppen auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung verpflichtet, ging unserer Meinung nach in die falsche Richtung und griff genau die demokratischen Vereine und Verbände an, die sich gegen Rechtsextremismus engagierten.



KNA: Als Sozialarbeiterin beraten Sie Migranten. Welche Erfahrungen haben Sie mit rechtsextremistischen Anfeindungen gemacht?

Maresch: Ich arbeite jetzt seit über 18 Jahren im Migrationsbereich. Hier im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge gab es in dieser Zeit eigentlich immer wieder Angriffe auf Menschen, die anders aussehen als einheimische Deutsche. Meine Klienten berichten mir, dass sie gewisse Orte zu bestimmten Zeiten nicht aufsuchen können, weil sie dort Angst um ihr Leben haben. Was mich aber genauso stört, ist der latente Rechtsextremismus in Teilen der Bevölkerung. Da gibt es abfällige Bemerkungen über Migranten sozusagen aus der Mitte der Gesellschaft und nicht nur von den typischen Glatzen. Diese Ablehnung war ganz stark zu spüren, als etwa ein neues Asylbewerber-Wohnheim hier in Pirna gesucht wurde.



KNA: Hat Sie das jetzt bekannt gewordene Ausmaß rechtsextremistisch motivierter Taten überrascht?

Maresch: Ja, dass eine Gruppe unbehelligt so lange Teile der Gesellschaft terrorisieren kann und Morde begeht, ohne dass ein Zusammenhang gesehen und gezielt etwas unternommen wird, ist erschreckend und hat sicher alle überrascht. Die Gefahren wurden unterschätzt, und manchmal wurde sicher auch ein möglicher politischer Hintergrund ausgeblendet. So haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder gehört, dass bei politisch motivierten Straftaten der rechtsextreme Hintergrund in den Statistiken nicht aufgeführt wurde.



KNA: Was unternimmt die Arbeitsgemeinschaft gegen den Rechtsextremismus?

Maresch: Als ökumenischer Arbeitskreis wollen wir vor allen Dingen innerhalb der Kirche und im kirchlichen Umfeld das Bewusstsein für den Wert der Demokratie fördern. Wir wollen die Leute motivieren, sich gegen rechtextremistische Gesinnung einzusetzen und ihnen vermitteln, dass wir als Christen eine Verantwortung haben und nicht tatenlos zuschauen können. Als konkrete Aktionen organisieren wir zum Jahrestag des Bombenangriffs auf Dresden am 13. Februar in der Stadt eine Mahnwache. Damit protestieren wir gegen die Kundgebung der Neonazis, die sie an dem Tag seit Jahren abhalten. Außerdem beteiligen wir uns in Pirna am Markt der Kulturen, einem bunten Fest, bei dem es einfach darum geht, die Vielfalt der Welt zu zeigen.



KNA: Wie ist die Reaktion in den Kirchengemeinden auf Ihr Engagement?

Maresch: Wir werden in den Gemeinden auf jeden Fall wohlwollend aufgenommen. Zugegebenermaßen passiert es aber nicht so oft, dass jemand selber aktiv wird. Es wäre schön, wenn sich mehr Menschen engagieren.



KNA: Was können die Kirchen noch tun?

Maresch: Der Bischof von Dresden-Meißen, Joachim Reinelt, steht fest hinter uns. Manchmal wünsche ich mir von anderen Spitzenvertretern in der Kirche, dass sie stärker in die Offensive gehen und deutlich sagen, dass einiges schief gelaufen ist und sich auch klarer auf die Seite der Opfer stellen.



KNA: Sind Sie selbst wegen Ihres Engagements von Rechtsextremisten attackiert worden?

Maresch: Also, offen auf der Straße weniger. Aber ich muss mir schon oft Sprüche anhören wie "Ja, warum machst Du das?" und "Die vielen Ausländer, muss das denn sein? Die kriegen so viel Geld". Ich erlebe es auch oft, dass es in der Familie toleriert wird, wenn Jugendliche in die rechtsextreme Szene abrutschen. Da wird gesagt "Lass ihn doch" und nichts dagegen unternommen, wenn der Sohn etwa Plakate mit Nazi-Symbolen im Zimmer aufhängt.



Das Gespräch führte Birgit Wilke.