Das Bistum Augsburg am Tag eins nach dem Rückzug von Mixa

Erleichterung, Respekt und Hoffnung

Das Bistum Augsburg mit seinen 1,3 Millionen Katholiken steht vor einer Übergangsphase von ungewisser Dauer. Zudem hat das erzwungene Rücktrittsangebot Bischof Mixas das Bistum tief gespalten. Denn der Bischof ist in seinem Sprengel durchaus beliebt. Dennoch überwiegt die Erleichterung.

 (DR)

Der Passant bemüht das Johannes-Evangelium: «Die Wahrheit wird euch freimachen». Das habe er sich von Bischof Walter Mixa erwartet, sagt der Mann, der sich als kirchlicher Mitarbeiter ausgibt und seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Mit dem Rücktritt des Oberhirten habe er nicht gerechnet. Ein Schuldeingeständnis wäre ihm wichtig gewesen: «Ein Bischof muss auch sagen: Ich bin schuldig», fügt er hinzu, bevor er den Platz vor dem Augsburger Dom verlässt, in dessen Inneren die Menschen eigentlich Ruhe und Besinnung finden wollen.

Medienterror im beschaulichen Augsburg
Doch daran ist am Tag eins nach Bekanntwerden des Rückzugs von Walter Mixa nicht zu denken. Seit Donnerstagmorgen brummen die Generatoren der TV-Übertragungswagen vor dem Dom. Der Rückzug des Bischofs beherrscht da schon längst die Nachrichtensendungen. Fast zwölf Stunden dauert es, bis die von der «Augsburger Allgemeinen» am Vorabend veröffentlichte Top-Meldung eine kirchenamtliche Bestätigung erfährt.

In die ersten Reaktionen mischen sich Gefühle der Erleichterung, aber auch des Bedauerns und Respekts. «Unausweichlich» sei der Schritt Mixas gewesen, sagt der Augsburger Diözesanratsvorsitzende Helmut Mangold. Es sei ein logischer Schritt nach den vergangenen drei Wochen gewesen, die geprägt waren durch die Gewalt- und Untreuevorwürfe gegen den Bischof. Die Entscheidung zum Rückzug sei dem Oberhirten sicher nicht leicht gefallen, vermutet Mangold, der Mixa schon seit Jahren gut kennt.

Bistum gespalten
Die Vorwürfe gegen den 68-jährigen Kirchenmann, der am Sonntag Geburtstag hat, haben das Bistum tief gespalten - das zeigt sich an den Leserbriefen in den Zeitungen und der Stimmung im Priesterrat. Vor einer mehr als vierstündigen außerordentlichen Sitzung am Montagabend sind an die 35 Mitglieder des Beratergremiums gegensätzliche Erwartungen herangetragen worden. Sie sollen dem Bischof den Rücken stärken, sagen die einen. Nein, sie sollen seinen Rücktritt fordern, die anderen.

Nun, nachdem Mixa selbst gehandelt hat, zollt der Sprecher des Gremiums, Bernhard Ehler, dem Bischof Respekt, weil er damit weiteren Schaden von der Kirche abwenden und einen Neuanfang ermöglichen wolle. Mixa habe viel Gutes bewirkt, würdigt Ehler den Bischof. Dies sei durch die Vorwürfe in den Hintergrund geraten.

Ein G'schmäckle bleibt
Diese aufzuklären, werde nun nach dem Rückzug schwerer, fürchtet Laien-Vertreter Mangold. «Ich habe Angst, dass ein G'schmäckle bleibt, unter dem die Kirche leiden wird.» Erst zügig aufklären, dann über personelle Konsequenzen entscheiden, wäre seiner Meinung nach die richtige Reihenfolge gewesen. Auch die Passanten vor dem Dom drängen darauf, dass die Wahrheit über die Vorwürfe ans Licht kommen müsse. Und sie finden, dass Mixa viel früher hätte einräumen müssen, die ein oder andere «Watsch'n» verteilt zu haben.

Doch nicht alle sehen die Schuld allein beim Bischof. So mancher hält die Medien für mitverantwortlich, dass es so weit gekommen ist. Einige sprechen gar von einer Kampagne. Der Bischof selbst bleibt an diesem Tag unsichtbar. Seine öffentlichen Termine wurden bis auf weiteres storniert. Die Diskussionen hätten auch seine Gesundheit angegriffen, erläutert Weihbischof Anton Losinger. Mixa stehe kurz vor einem Erholungsaufenthalt und werde dafür die Diözese verlassen.

Hoffen auf schnelle Entscheidung
Formal bleibt Mixa im Amt, bis der Papst seinen Verzicht per Dekret angenommen hat. Losinger hofft, dass dies «vernünftigerweise zügig geht». Doch acht Tage sind wohl das Mindeste, bis der Brief aus Rom in der Fugger-Stadt angekommen ist. Danach beginnt die bischofslose Zeit, die Sedisvakanz.

Der Diözesanrat wünscht sich eine schnelle Entscheidung, auch über den Nachfolger Mixas. Wie dieser aussehen soll, davon hat Mangold eine klare Vorstellung. Gefragt sei jetzt ein «geistlicher Manager» mit pastoralen Fähigkeiten, der das verlorene Vertrauen wiederherstelle. Viele Gläubige seien zuletzt am Bischof verzweifelt.


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