Bischof Mixa beugt sich öffentlichem und internem Druck

Ein beispielloser Vorgang

Am Ende war der Druck vor und hinter den Kulissen zu groß. Der Augsburger Bischof und oberste katholische Militärseelsorger in Deutschland, Walter Mixa (68), hat dem Papst den Rücktritt angeboten. Der Amtsverzicht eines katholischen Bischofs unter diesen Umständen ist ohne Beispiel in der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Autor/in:
Christoph Renzikowski
 (DR)

Die Vorsitzenden der Deutschen und der Bayerischen Bischofskonferenz, die Erzbischöfe Robert Zollitsch und Reinhard Marx, hatten am Mittwochmittag ihren Rat an den Augsburger Amtsbruder öffentlich gemacht, eine Ruhepause einzulegen. Auch dies war bereits ein äußergewöhnlicher Schritt. Mixa hat sich letztlich auf diesen Mittelweg, der ihm auch von anderer Seite empfohlen wurde, nicht eingelassen und sich damit einen letzten Rest an Eigenständigkeit bewahrt. Gleichwohl standen Rücktrittsforderungen von Politikern wie auch von seinen eigenen Diözesanpriestern bereits seit Tagen im Raum. Dabei wurde immer wieder die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Kirche laut.

Gravierende Vorwürfe
Die vor drei Wochen aufgekommenen Vorwürfe gegen Mixa sind gravierend, aber weder gerichtlich noch sonst von neutraler Stelle endgültig überprüft: Als Stadtpfarrer von Schrobenhausen soll er von 1975 bis 1996 Heimkinder geschlagen und Geld der Katholischen Waisenhausstiftung veruntreut haben.

Seine Verstrickung in «finanztechnische Unklarheiten» hat der Bischof inzwischen eingeräumt. Die Schläge dementierte er lange, bis er sich zum Teilgeständnis durchrang, möglicherweise «die eine oder andere Watsch'n» verteilt zu haben. Dies wurde ihm in weiten Teilen der Öffentlichkeit und auch in seinem Bistum als Unwahrheit ausgelegt. Aber möglicherweise lässt ihn auch sein Gedächtnis bei den Jahrzehnte zurückliegenden Vorgängen im Stich.

Erneute Entschuldigung
Mit seinem Rücktrittsgesuch hat Mixa erneut eine allgemein gehaltene Entschuldigung verknüpft. Er bitte alle um Verzeihung, zu denen er ungerecht gewesen sei und denen er Kummer bereitet habe. Welche Vorwürfe zutreffen und welches Ausmaß das vom Bischof zu verantwortende Unrecht hat, muss weiterhin offenbleiben. Inzwischen sind mehrere Anwälte mit der Aufklärung beschäftigt.

Mit dem gebürtigen Oberschlesier verlässt eine markante Persönlichkeit der katholischen Kirche in Deutschland die Bühne. Seine Versetzung vom Eichstätter auf den Augsburger Bischofsstuhl im Sommer 2005 war die erste Personalentscheidung von Papst Benedikt XVI. in dessen bayerischer Heimat. Von Augsburg meldete sich Mixa seither prononciert in gesellschaftspolitischen Debatten zu Wort, vor allem in der Familienpolitik.

Lust an der Provokation
Dabei verhehlte der Bischof nicht eine gewisse Lust an der Provokation, die er als unumgänglich ansah, um in der Mediengesellschaft Gehör zu erlangen. Zugleich bedauerte er später manches dadurch entstandene Missverständnis. Beobachter erklärten sich die Neigung zur Zuspitzung auch durch den Einfluss seines Öffentlichkeitsreferenten Dirk Hermann Voß. Der bayerische Landesvorsitzende der christlich-konservativen Paneuropa-Union ist selbst nicht ohne politische Ambitionen. Seine Rolle im aktuellen Krisenmanagement der Augsburger Bistumsleitung wird auch kirchenintern äußerst kritisch bewertet.

Charmanter Plauderer und beliebter Oberhirte
Im persönlichen Gespräch gibt sich Mixa meist viel konzilianter als in seinen Presseverlautbarungen. Er kann ein charmanter Plauderer sein. Eine seiner Lieblings-Selbstbezeichnungen lautet «kultivierter Konservativer». Der impulsive Bischof ist ein mitreißender Prediger und durchaus bei vielen Gläubigen beliebt.

Bei öffentlichen Terminen bildete sich um den Bischof schnell eine Menschentraube, wobei er sich mit Ausdauer um ein persönliches Wort für jeden bemühte. Auch bei der Bundeswehr kamen seine seelsorglichen Qualitäten gut an. Mehrfach besuchte er die Soldaten bei ihren Auslandseinsätzen. Zugleich sparte Mixa nicht mit Kritik an der wachsenden Zahl militärischer Engagements Deutschlands. Hier sei die Grenze des Möglichen längst erreicht, meinte er. Jetzt ist er an seine eigenen Grenzen gekommen.

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