Katholische Jugendsozialarbeit stellt Armutsbericht vor

Corona-Krise mindert Chancen der Jugend

Die Corona-Krise trifft alle - sozial Schwächere aber ungleich härter. Der Alltag mit den Beschränkungen fällt Kindern und Jugendlichen aus ärmeren Verhältnissen strukturell schwerer, wie der Monitor Jugendarmut zeigt.

Autor/in:
Christian Michael Hammer
Verzweifelter Jugendlicher / © Pitiya Phinjongsakundit (shutterstock)
Verzweifelter Jugendlicher / © Pitiya Phinjongsakundit ( shutterstock )

Distanzunterricht statt Schulbesuch, Kurzarbeit anstelle von geregeltem Einkommen, soziale Isolation, wo vorher Gemeinschaften waren. Allesamt Probleme, die Corona mit sich brachte und die alle betreffen - besonders aber Jugendliche und Kinder, wie der Monitor Jugendarmut 2020 der katholischen Jugendsozialarbeit (KJS) zeigt.

Rund 3,2 Millionen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland seien schon vor der Pandemie armutsgefährdet gewesen, heißt es in dem am Donnerstag vorgestellten Report. Die meisten von ihnen leben demzufolge in Haushalten, die Grundsicherung beziehen. Das Arbeitsministerium schätzt, dass diese Zahl durch Corona um etwa 1,2 Millionen Haushalte steigen wird.

Psychische Belastungen steigen

Auch psychisch sind arme Kinder und Jugendliche dem Bericht zufolge eher betroffen als ihre bessergestellten Altersgenossen. Eine Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, die im Juni 2020 durchgeführt wurde, zeigt das: Etwa 70 Prozent der befragten Jugendlichen fühlten sich durch die Corona-Krise seelisch belastet.

Stress, Angst und Depressionen hätten zugenommen. Studienleiterin Ulrike Ravens-Sieberer erklärt: "Mangelnde Rückzugsmöglichkeiten und fehlende Tagesstruktur führen besonders in Krisenzeiten zu Streit und Konflikten in der Familie."

Zudem waren Freizeit- und Hilfsangebote während der Kontaktbeschränkungen nicht oder nur teilweise zugänglich; sind es mancherorts noch. Den Jugendlichen fehlten so wichtige Bezugspersonen außerhalb der Familie, heißt es im Bericht. Hilfseinrichtungen versuchen, den Kontakt per Telefon, Brief oder digital aufrechtzuerhalten. Schon vor Corona habe es regional eine mangelhafte Internetversorgung gegeben, die dies erschwert hätte. Derartige Probleme verschärften sich nun zusätzlich.

Schlechterer Zugang zu Bildung

Mit den Schulschließungen verschlechterte sich der Zugang armer Schüler zu Bildung. Ob das Lernen zu Hause erfolgreich sei oder nicht, hänge mit den technischen Voraussetzungen zusammen, so der Bericht. Kinder finanziell schlechter gestellter Eltern hätten oft nicht das nötige Equipment. So gebe es Jugendliche, die schnell in einem neu strukturierten Tagesablauf mit eigenem Computer und stabilem Internetanschluss am digitalen Unterricht teilnehmen konnten. Andere Jugendliche müssten sich erst einmal organisieren.

Die Folge seien fehlende Lernerfolge und wachsende Ungleichheit innerhalb der Klassen.

Etwa 82 Prozent der 14-Jährigen aus bildungsfernen Familien und 86 Prozent aus Hartz-IV-Familien haben laut Bericht Zugang zu einem Computer oder Tablet. Doch wenn Aufgabenblätter nicht ausgedruckt werden können oder der einzige Computer von der ganzen Familie genutzt wird, dann sei Bildung nicht möglich. Zum Vergleich: In der Altersgruppe insgesamt besitzt etwa die Hälfte einen eigenen Computer oder Tablet.

Sinkende Chancen auf Arbeitsmarkt

Für benachteiligte Jugendliche auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sinken die Chancen laut Armutsmonitor deutlich. Die EU-weite Wirtschaftskrise führe dazu, dass Unternehmen schließen, ihre Ausbildungsprogramme verkleinern oder ganz aufgeben. Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeigen: Von Oktober 2019 bis Juni 2020 meldeten die Betriebe gut 482.000 Ausbildungsstellen - und damit etwa 47.000 weniger als im Vorjahr. Von etwa 417.000 im Juni gemeldeten Bewerbern seien zu diesem Zeitpunkt rund 176.000 noch ohne Zusage dagestanden.

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) führt zurzeit eine Studie zu dualen Ausbildungsplätzen durch. Anhand einer Analyse werden Risiken, Konsequenzen und Handlungsmöglichkeiten für die dualen Ausbildungen ermittelt. Nach ersten Erkenntnissen werden 2020 voraussichtlich 500.000 Verträge für die duale Ausbildungen abgeschlossen werden. Das sind 25.000 weniger als im Jahr zuvor.

Schwierig sei auch Lage auf dem auf dem Arbeitsmarkt, so der Bericht. Entlassungen und Einstellungsstopps führten dazu, dass junge Menschen arbeitslos seien. Im April 2020 hätten 56.190 unter 25-Jährige mehr keine Arbeit gehabt als im Vergleichsmonat des Vorjahres. In keiner Altersgruppe gebe es einen höheren Anstieg.


Quelle:
KNA