Christliche Jugend engagiert sich für Roma

"Was machst du?"

Seit Deutschland in diesem Jahr ein Rücknahmeübereinkommen mit dem Kosovo unterzeichnet hat, fürchten Roma genauso wie Serben und Albaner noch viel mehr die Zwangsrückführung. Die Christliche Arbeiterjugend protestiert gegen mögliche Abschiebungen - seit Jahren engagiert sich der Verband für junge Roma.

Autor/in:
Agathe Lukassek
 (DR)

"Ich bin hier geboren. Natürlich will ich in Deutschland bleiben, arbeiten - und ich will meine Papiere." Samantha ist seit 18 Jahren alle drei Monate von der Abschiebung bedroht. Als Ursprung ihrer Familie nennt sie "Jugoslawien", genauer gesagt ist ihr eine "vermutete kosovarische Herkunft" attestiert. Samantha war sowieso noch nie in dieser Gegend. Wenn sie sagt, sie spreche neben Deutsch noch Jugoslawisch, meint sie "Romanes", die Sprache der Roma.

Laut Menschenrechtsorganisationen müssten die Roma im Kosovo in miserablen Verhältnissen leben und ihr Schutz sei nicht gewährleistet, sagt Eva-Constanze Selk. Die Bundesvorsitzende der Christlichen Arbeiterjugend (CAJ) erinnert an die ethnisch bedingte Gewalt gegen diese Minderheit im Anschluss an den Kosovokrieg im Jahr 1999. Sie fordert in einem Brief an Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen Abschiebestopp, Bleiberecht für langjährig in Deutschland lebende Angehörige der Volksgruppe und besseren Zugang zum Arbeitsmarkt für Roma-Jugendliche.

Die CAJ hat einen Grund, gegen die mögliche Abschiebung zu protestieren, denn sie würde Mitarbeiter des Projektes "So keres - was machst du?" verlieren. In Münster arbeiten Samantha und drei weitere Roma-Jugendliche mit Wurzeln im Kosovo seit zwei Jahren regelmäßig mit drei CAJ-lern an einer etwa 80-seitigen Broschüre über ihre Lebenssituation. Im Oktober soll sie erscheinen und junge Deutsche informieren.

"Es kommt für mich nicht in Frage, da runterzufliegen"
Einige andere Roma kommen punktuell dazu, wie Kasm Cesmedji. Der 23-Jährige engagiert sich sonst eher für das Sinti und Roma Forum NRW, und an seiner fröhlichen Art sind die Schwierigkeiten in seinem Leben nicht zu erkennen. Der Student hat gestylte Haare und trägt modische Hemden. Er könnte eine Karriere als Führungsperson machen, so eloquent wie er sich ausdrückt. Doch auf der anderen Seite hat seine Familie, die seit 19 Jahren in Deutschland lebt, noch nicht lange die Aufenthaltsgenehmigung.

"Letzten Monat auf der Behörde habe ich statt einer zweijährigen Verlängerung nur sechs Monate gekriegt", erzählt er. Außerdem wurde ihm sein Reisepass abgenommen und ein Ausweisersatz erstellt. Deutschland dürfe er nur noch verlassen, um sich im Kosovo einen Pass ausstellen zu lassen. "Es kommt für mich nicht in Frage, da runterzufliegen", sagt Kasm entschlossen. Es bestehe die Gefahr, dass er als Roma dort nicht überlebe. "Und wer garantiert mir, dass ich wieder zurück kann?" Er werde beim nächsten Behördengang sehen, was passiert.

"Und wenn ich früher abgeschoben werde, was ist dann?"
Samantha hat vor den Besuchen im Amt regelrechte Angst. Ihr Leben lang war sie nur geduldet, alle drei Monate bangt sie um eine Verlängerung. Daneben hat sie, die in einem Flüchtlingswohnheim lebt, nur zwei fixe Termine. Auf die ist Samantha aber stolz: Zweimal die Woche kann sie im Jugendausbildungszentrum nähen und jeden zweiten Sonntag ist sie bei der CAJ und arbeitet an der Broschüre. Samantha kann so auf Fragen nach ihrer Tätigkeit antworten: "Schneider-Ausbildung und Verbandsarbeit". Das sagen zu können, tut gut, den ansonsten wären Spaziergänge mit Freunden die einzige Beschäftigung der jungen Frau ohne Schulabschluss.

"Ich merke, wie dieses Projekt das Selbstbewusstsein der Roma stärkt", sagt Sarah Prenger von der Arbeiterjugend in Münster. Für die 22-jährige Studentin hat sich somit auch das Ziel des Projekts gewandelt. Es gehe nun nicht mehr nur um die Broschüre, an deren Layout sie gerade arbeiteten. Sie wünscht sich, dass der Kontakt bleibt und dass sich eine neue CAJ-Gruppe entwickelt. Besonders bei langfristigen Planungen aber merke sie die Anspannung der jungen Roma. Beim letzten Treffen hat Sarah Prenger ihre Idee für ein Feier-Wochenende zum Abschluss der Broschüre im Herbst vorgestellt. Die Antwort eines Jungen: "Und wenn ich früher abgeschoben werde, was ist dann?"