Chance für Hobbyautoren - Print on Demand erfreut sich wachsender Beliebtheit

Verlage im Umbruch?

Print on Demand heißt das neue alte Zauberwort der Verlagsbranche. Das Publikationsverfahren, das zu deutsch Druck auf Abruf bedeutet, hält bereits seit Mitte der 90er Jahre Einzug in die Welt des Buchdrucks. Und doch zwingt der digitale Fortschritt, der Musik-, Film- und Fernsehindustrie längst vereinnahmt hat, scheinbar erst jetzt renommierte Verlage zum Umbruch. Das nutzen immer mehr Nachwuchs- und Hobbyautoren wie Susanne Reinerth und basteln aus Nischenthemen Erfolgsgeschichten.

Autor/in:
Jana Werner
 (DR)

Reinerth suchte nach einem Buch zum Thema Rohfütterung für Hunde. Doch sie fand keines auf dem umfangreichen Markt der Sachbücher. So machte die Tierheilpraktikerin aus der Eifel aus der Not eine Tugend und setzte sich kurzerhand selbst an den Schreibtisch. In wenigen Monaten entwarf sie vom Text bis zum Layout einen Ratgeber für Gleichgesinnte. «Natural Dog Food. Rohfütterung für Hunde» hat sich seit seinem Erscheinen im Mai 2005 mehr als 10 000 Mal verkauft.

Dabei zählt Reinerth nicht zu jenen Autoren, die vor ihrer ersten Veröffentlichung zehn Maunskripte in der Schublade liegen hatten. «Ich wusste überhaupt nicht, wie das funktioniert. Ich bin da ganz blauäugig herangegangen», gesteht die gebürtige Gummersbacherin. Sie habe jedoch von Anfang an versucht, sich in den Leser hineinzuversetzen. Schließlich schreibe sie Fachbücher, in denen es mehr um Fachwissen gehe, als um die richtige Verpackung, betont Reinerth, die über ihr Alter nur verrät, dass sie die 30 noch nicht erreicht hat.

Mitte der 90er Jahre begannen Digitaldruckanbieter, beim Druck auf Abruf, auch Publishing on Demand, Book in Time oder Book on Demand genannt, Bücher bei Bedarf in Kleinstauflagen zu drucken. «So neu ist das Thema also nicht mehr», erklärt die Sprecherin des Arbeitskreises kleinere unabhängige Verleger (AkV) beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Bettina Preiß. Das sei eine von mehreren Herstellungsarten von Büchern neben dem herkömmlichen Offsetdruck.

Ihr Weimarer Verlag VDG sei bereits 1992 mit der Ausrichtung gestartet, alle Texte in einer Datenbank zu erfassen, sagt Preiß. Mittlerweile gebe es sehr viele Dienstleister hierzulande, die das technische Verfahren Print on Demand ermöglichten. Im Grunde könne das heute jeder Copyshop.

Books on Demand (BoD), bei der auch Reinerth veröffentlicht, ist ein Anbieter. Seit 1997 bietet die Norderstedter Firma praktisch jedem die Chance, sein Werk selbst und unkompliziert zu verlegen. Damit bleibt dem Autor die Schmach erspart, von Verlagen abgelehnt zu werden. Beispielsweise die Fischer Verlage bekommen nach Angaben ihres Sprechers Martin Spieles monatlich bis zu 1000 Mauskripte unaufgefordert zugeschickt, von denen kaum eines jemals erscheint.

Inzwischen liegen laut BoD-Sprecherin Friederike Künzel auf dem hauseigenen Server mehr als 85 000 Titel druckbereit. 2007 seien im Haus rund 1,5 Millionen Bücher produziert worden. Suhrkamp hat den Trend erkannt und kürzlich eine Kooperation mit den Norderstedtern abgeschlossen. Der Frankfurter Verlag wird Titel der Reihen «edition suhrkamp» und «suhrkamp taschenbuch wissenschaft», bei denen sich eine Nachauflage nicht kalkulieren lässt, von BoD in Zukunft erst auf Nachfrage im Buchladen oder Internet produzieren.

Der Rowohlt Verlag prüft ebenso die technischen Möglichkeiten: «Bisher haben wir sehr vereinzelt Lizenzen für BoD-Ausgaben erteilt», sagt Sprecherin Ursula Steffens. Die Druckmethoden würden sicher leichter Kleinauflagen ermöglichen, die den Qualitätsansprüchen hinsichtlich der Herstellung entgegen kämen. Auch die Fisher Verlage beobachten den Wandel. Spieles zufolge ist der Verlag technisch gerüstet, im Augenblick aber nichts geplant. Die Durchschnittsauflagen seien so hoch, dass On-Demand-Druck zu teuer sei.

«Wenn ein Verlag die On-Demand-Technik richtig durchziehen möchte, bedarf es eines Umdenkens bei der Herstellung», kündigt Preiß an. Man dürfe dann nicht mehr in Auflagen denken. Das passe bei vielen Verlagshäusern noch nicht rein und werde vielleicht auch nie rein passen.

Tierheilpraktikerin Reinerth hat Gefallen am Schreiben gefunden. Ein zweites Werk ist publiziert, weitere sollen folgen. Angebote von großen Verlagen, die im Zuge ihres «unerwarteten» Erfolges bei ihr anklopften, hat die Hobbyautorin abgelehnt. «Ich will die Rechte an meinem Baby nicht aus der Hand geben», begründet Reinerth. Außerdem lohne sich ein Wechsel allein finanziell nicht.