CDU unterstützt Wunsch nach christlicher Kirche in Türkei - Lehmann greift Religionspolitik der Türkei scharf an

Ohne Angst nach Tarsus pilgern?

Auch aus der Bundestagsfraktion der CDU/CSU wird der Wunsch der katholischen Kirche unterstützt, im südtürkischen Tarsus ein Pilgerzentrum und eine Kirche zu errichten. Der Bundestagsabgeordnete Willi Zylajew (CDU) forderte den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in einem Brief um Unterstützung für das Projekt. Derweil hat Kardinal Karl Lehmann die Religionspolitik der Türkei scharf angegriffen und als in Teilen europauntauglich bezeichnet.

 (DR)

In dem Schreiben heißt es: "Katholische Christen brauchen an den bedeutsamen Plätzen Begegnungsstätten von Mensch zu Mensch und Mensch zu Gott. Die Geburtsstadt des Apostels Paulus ist ein solcher Platz." Zylajew verweist auf Probleme bei dem Bauvorhaben und bittet Erdogan um Auskunft über den "Verfahrensstand". Eine Antwort des Regierungschefs steht noch aus. Zylajew und die Deutsche Bischofskonferenz bereiten für das bevorstehende "Paulus-Jahr" 2008 eine Pilgerreise nach Tarsus vor.

Der Plan geht auf eine Anregung des Kölner Kardinals Joachim Meisner zurück. Er hatte ein christliches Pilgerzentrum und eine Kirche in der Geburtsstadt des Apostels Paulus angeregt als ein Zeichen der Religionsfreiheit und einen "Beitrag zur Entspannung" zwischen Muslimen und Christen. Rückendeckung erhielt er auch vom Katholischen Büro, der Vertretung der Deutschen Bischofskonferenz im politischen Berlin. Es habe Meisners Initiative im Oktober der türkischen Botschaft vorgetragen, sei damit aber "abgeblitzt", sagte der Leiter des Büros, Prälat Karl Jüsten.

Lehmann greift Religionspolitik der Türkei scharf an
Kardinal Karl Lehmann hat die Religionspolitik der Türkei scharf angegriffen und als in Teilen europauntauglich bezeichnet. Zugleich bekräftigte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in einem Interview des Politikmagazins "Cicero" (Januar) das kirchliche Anliegen, in Tarsus eine Kirche zu bauen.

Nach den Worten Lehmanns kann von einem Grundrecht auf freie Religionsausübung für Christen in islamisch geprägten Ländern bis heute kaum die Rede sein. Dies gelte auch für die Türkei, die in die EU wolle. Zwar bezeichne sich der Staat als "laizistisch".

Tatsächlich werde der Islam aber durch eine große Behörde mit rund 100.000 staatlich besoldeten Mitarbeitern verwaltet und kontrolliert. Die Türkei gebe religiösen Aktivitäten außerhalb dieses Rahmens keinen Freiraum, sondern toleriere sie lediglich.

Dabei geht laut Lehmann das Maß an Duldung christlicher Aktivitäten derzeit eher zurück, als dass es sich auf die in Europa gültigen Standards hin entwickle. Das Anliegen der Kirchen, ihnen einen eigenen Rechtsstatus zu geben, werde bislang nicht ernst genommen. Christliche Gemeinden dürften in der Türkei bis heute kein Grundstück erwerben, um darauf eine Kirche zu bauen, "weil sie in rechtlicher Hinsicht nicht existieren".

Mit Blick auf die Diskussionen über Moscheebauten in Deutschland betonte der Kardinal die Religionsfreiheit. Muslime hätten das Recht, würdige Moscheen dort zu bauen, wo sie leben. Bei der Gewähr von Grundrechten wie Religionsfreiheit müsse es auf Dauer aber eine Gegenseitigkeit in den islamischen Ländern geben. "Von mir aus könnte man sogar in Rom eine Moschee bauen, die höher ist als der Petersdom. Aber ich möchte dann im Gegenzug auch nicht verhaftet werden, wenn ich in Saudi-Arabien eine Messe lese", so Lehmann.