Der langjährige Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, mahnt die CDU in der Migrationspolitik zur Beachtung des christlichen Menschenbildes.
"Wenn CDU-Politiker über Flüchtlinge und Migration sprechen, muss ganz deutlich werden, dass sie anders reden als die AfD", sagte er der "Stuttgarter Zeitung" (Mittwoch). Er fügte hinzu: "Das christliche Menschenbild verbietet jeden rassistischen und völkischen Unterton."
Wenn Christdemokraten über andere sprechen - sei es über Migranten, über angebliche Sozialbetrüger oder auch über andere Parteien wie etwa die Grünen - müsse "immer deutlich werden, dass sie am christlichen Menschenbild Maß nehmen".
Dieses sei "der Wesenskern christdemokratischer Politik", betonte Kauder. Auch in einem säkularisierten Land wüssten die Menschen, was das christliche Menschenbild bedeute: "Im Anderen das Ebenbild Gottes zu sehen und ihn entsprechend zu behandeln und über ihn zu reden."
"Christliche Politik gibt es nicht"
In der Migrationspolitik heiße das: "Wir können nicht jeden Hilfesuchenden nach Deutschland holen. Aber derjenige, der verfolgt wird, der in Not ist, etwa weil er sich weigert, in die syrische Armee einzutreten und deshalb fliehen muss - der hat Anspruch auf Hilfe in unserem Land."
Damit sei Deutschland auch nicht überfordert, sagte Kauder. Der CDU-Politiker und überzeugte Protestant engagiert sich seit langem für verfolgte Christen in aller Welt.
Auf die Frage, ob die Bindewirkung der christlichen Botschaft nicht nur in der CDU/CSU, sondern in der gesamten Gesellschaft nachlasse, stellte Kauder klar: "Christliche Politik gibt es nicht, und die CDU war nie eine christliche Partei." Die CDU habe aber im christlichen Menschenbild "einen klaren Wertekompass".
"CDU war nie eine konservative Partei"
Kauder wehrte sich gegen Kräfte in der Union, die die Partei zu einer stramm konservativen Partei nach dem Vorbild der Torys in Großbritannien ummodeln wollten. "Die CDU war nie eine konservative Partei", unterstrich er.
Vielmehr habe sie sich aus der Erfahrung der Weimarer Zeit und der Nazidiktatur "bewusst überkonfessionell unter dem Dach des 'C' versammelt und konservative, liberale und soziale Strömungen vereint".
Der heute 75-jährige Kauder war von 2005 bis 2018 Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag.