Caritas International zur Lage in Afghanistan

"Das Leben ist eingeschränkt, aber wir können gut arbeiten"

Er kam überraschend, sah sich um - und was er sah, gefiel ihm nicht: US-Präsident Obama ist unzufrieden mit dem Fortschritt in Afghanistan. Ständig und schon lange im Land arbeitet Caritas International. domradio.de sprach mit Marianne Huber, der Leiterin des Büros in Kabul, über Probleme und Chancen für die Hilfe ihrer Organisation.

 (DR)

domradio.de: Präsident Obama hat die Probleme Korruption und Drogenhandel angesprochen. Sehen Sie die auch als drängende Probleme?
Marianne Huber: Korruption ist sicher eines der am meisten belastenden Probleme für die Bürger - neben der Unsicherheit. Es gibt Studien, die besagen, das rund 35 Prozent eines Haushaltsbudgets in irgendwelche Formen der Korruption gehen. Drogenhandel ist einer der wesentlichen Wirtschaftszweige des Landes, auch ein massives Problem.

domradio.de: Wie erleben Sie den Alltag in dem Land?
Huber: Ich erlebe eine sehr gute Zusammenarbeit mit unseren afghanischen Teamkollegen, gute afghanische Partnerorganisationen, NGOs. Die Lebensumstände sind extrem beschränkt. Kabul gleicht einer belagerten Stadt: sehr viel bewaffnete Präsenz, Polizei und Militär, aber auch sehr viele private Sicherheitsfirmen, das ist ein großes Problem; gesperrte Straßen, Checkpoints. Das Leben ist sehr eingeschränkt, aber gleichzeitig können wir gut arbeiten.

domradio.de: Wie ist es als Frau in Afghanistan zu leben?
Huber: Frei bewegen können wir uns nicht - was aber mehr mit unserem Status als ausländische Mitarbeiter zu tun hat, wir sind starken Sicherheitsrestriktionen unterworfen. Das Schöne ist, das hat mich positiv überrascht, als ich angefangen habe: Dass ich Frau bin, ist nicht wirklich ein Thema. Ich habe eine Funktion als Leiterin des Büros und ich wurde von Anfang an in dieser Position gesehen. Das Problem der Frauen haben sie, wenn sie in afghanischen Familien sind: Mütter, Töchter, Ehefrauen, Schwestern, die ganze Problematik der Familienehre und was da alles mit zusammenhängt. Wir als Ausländer haben einen anderen Status.

domradio.de: Was genau macht Caritas International für das Land?
Huber: Wir sind aktiv vor allem im zentralen Hochland und kümmern uns um Wasserversorgung, Gesundheitsförderung, Hygieneerziehung, Beschäftigungsprogramme für die Infrastruktur, Straßenbau verbunden mit Nahrungsmittelabgaben - und das in einer Region, die zu den ärmsten und am meisten abgelegenden in Afghanistan gehört, wo es nur sehr schwache staatliche Strukturen gibt. Wir arbeiten direkt mit den Gemeinden und Dörfern zusammen. Und das seit einigen Jahren. Ein anderer Teil ist der Aufbau psychosozialer Beratung.

Das Gespräch führte Pia Deuß.