Caritas, Diakonie und Grüne kritisieren die grundsätzliche Bleiberechts-Einigung der Koalition

"Fauler Kompromiss"

 (DR)

Das Diakonische Werk, der Deutsche Caritasverband und die Grünen haben den Kompromiss der Koalition zum Bleiberecht kritisiert. Eine Mindestaufenthaltsdauer von acht beziehungsweise sechs Jahren sei zu hoch, erklärten der evangelische und der katholische Verband am Dienstag. Zuvor hatten Union und SPD sich in einem Spitzen-Treffen weitgehend auf eine bundesweite Regelung für ein Bleiberecht für geduldete Ausländer verständigt. Die endgültige Einigung werde in der kommenden Woche angestrebt, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach. Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingssrat bewertet im domradio-Interview den Kompromiss grundsätzlich positiv, kritisiert jedoch die Stichtagsregelung.

"Faulen Kompromiss vermeiden"
Caritas und Diakonie schlugen vor, dass im Regelfall für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung eine Mindestaufenthaltsdauer von fünf Jahren ausreichen solle. Bei Familien mit in Deutschland geborenen Kindern, bei alten, schwerkranken und behinderten Menschen sollten drei Jahre genügen.

So genannte "unbegleitet eingereiste Kinder" sollten nach zwei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Für traumatisierte Menschen forderten beide Wohlfahrtsverbände eine sofortige Aufenthaltserlaubnis. "Der jetzige Zustand führt dazu, dass wertvolle Jahre vergeudet werden, in denen viel für die Integration dieser Menschen getan werden könnte", sagte der Präsident des Caritasverbandes, Peter Neher.

"Es darf im Interesse eines jetzt fälligen positiven Signals an die bei uns lebenden Ausländer nicht zu faulen Kompromissen kommen", erklärte Bernd Schlüter, Vorstandsmitglied der Diakonie. Insbesondere dürfe es keine weiteren Kürzungen von Sozialleistungen für Geduldete und Flüchtlinge geben.

Dem stellvertretenden Vorsitzenden der Grünen-Bundestagsfraktion, Christian Ströbele, geht der Kompromiss nicht weit genug. Er sprach im Deutschlandradio Kultur von einer „mageren Lösung". Bislang sei den Geduldeten das Arbeiten und die Teilnahme an Sprachkursen verwehrt worden. Daher sei es absurd, was man jetzt von ihnen verlange, um ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland zu bekommen.

Koalition einigt sich grundsätzlich über Bleiberecht
Die Regelung sieht vor, dass langjährig geduldete Ausländer zunächst ein befristetes Bleiberecht erhalten sollen. Voraussetzung sind acht Jahre Aufenthalt für Alleinstehende und sechs Jahre für Ausländer mit Kindern. Sie haben dann zwei Jahre Zeit, um eine Arbeit zu suchen. Danach soll erneut über ein Bleiberecht entschieden werden, hieß es.  

Auch Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) habe dem zugestimmt. Strittig zwischen Union und SPD sei allerdings noch, was mit den geduldeten Ausländern passiere, die in der vorgegebenen Frist keinen Job gefunden hätten. CDU und CSU wollen diesen Menschen kein Bleiberecht erteilen.

Hartz IV erst nach vier Jahren
Zudem sei sich die Koalition einig geworden, dass Geduldete künftig nicht drei, sondern vier Jahre lang Sachleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten sollten. Erst nach Ablauf der vier Jahre sollten sie Arbeitslosengeld II erhalten, das etwa um ein Drittel höher ist.

Offen ist Bosbach zufolge, ob die Innenministerkonferenz Ende der Woche eine eigene, weniger umfassende Bleiberechtsregelung beschließt oder der Bundesregelung Vorrang einräumt. Die Fragen der Arbeitserlaubnis und des Asylbewerberleistungsgesetzes könnten nur auf Bundesebene geklärt werden, sagte Bosbach.

Die Regierungskoalition hat im Zusammenhang mit dem Bleiberecht auch über die Umsetzung von elf EU-Richtlinien zum Aufenthaltsgesetz und über Änderungen am Zuwanderungsgesetz beraten. Er sei zuversichtlich, dass Union und SPD in der nächsten Woche zu einem Gesamtpaket kämen. Die Verhandlungen laufen bereits seit einem dreiviertel Jahr.