Burkina Faso muss dringend seine Landwirtschaft umstrukturieren

Leere Kornkammern

Mehr als 60.000 Malier sind vor den Auseinandersetzungen in ihrer Heimat nach Burkina Faso geflüchtet. Die Vereinten Nationen warnen vor Konflikten zwischen Flüchtlingen und Einheimischen. Denn in Burkina Faso droht ein Engpass an fruchtbarem Weideland und Essen. Mittelfristig kann sich das Land nicht mehr selbst ernähren, warnen Hilfsorganisationen.

Autor/in:
Katrin Gänsler
Die Hirsevorräte schrumpfen (KNA)
Die Hirsevorräte schrumpfen / ( KNA )

Djeneba Boubacar Dicko seufzt. Sie sitzt im Gemeinschaftshaus von Djomga, einem kleinen Dorf im Nordosten Burkina Fasos. Der Wind bläst durch die Ritzen des Holzbaus, der auch als Schule genutzt wird. Es ist später Nachmittag, und eigentlich müsste die 50-Jährige längst vor ihrem Holzkocher sitzen und das Essen für die Familie zubereiten. Fünf Kinder hat sie, das älteste ist 35, der jüngste Sohn gerade einmal sechs Jahre alt. Doch heute muss der Kocher von Djeneba Boubacar Dicko kalt bleiben. Sie hat nichts zum Zubereiten. Die Speisekammer ist leer. Sie beugt sich etwas vor, um durch die offene Tür nach draußen zu schauen. Dort scheint die Sonne noch immer unerbittlich heiß. "Hoffentlich kommt bald der Regen", sagt sie.



Hirsepreis hat sich verdreifacht

Djeneba Boubacar Dicko wachsen die Kosten langsam über den Kopf. Eines ihrer Kinder besucht die weiterführende Schule in Dori, der nächsten Stadt. Dafür muss sie Schulgeld zahlen. Außerdem kauft sie nun regelmäßig Hirse zu. Ein Sack kostet mittlerweile 30.000 Cefa, mehr als 45 Euro. Der Preis hat sich verdreifacht. Um ihre Familie durchzubringen, hat sie bereits ihr Rind verkauft. 80.000 Cefa hat es gebracht, die bald aufgebraucht waren. Vier Ziegen folgten. Noch hat sie acht Ziegen; aber sie mag schon gar nicht daran denken, wann sie die nächste verkaufen muss.



Dabei geht es Burkina Faso im Vergleich zu den Nachbarländern im Sahel noch gut. Bislang galt es als ein Land, das sich selbst ernähren konnte und in der Vergangenheit Überschüsse produzierte, die dann an die umliegenden Länder verkauft wurden. Auch im Moment ist die Ernährungssituation bei weitem noch nicht so dramatisch wie in Mali oder Niger. Für Florent-Dirk Thies, der bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Ouagadougou für landwirtschaftliche Entwicklung zuständig ist, muss sich künftig aber trotzdem grundlegend etwas ändern. "In Burkina Faso leben 80 Prozent der Menschen von der Landwirtschaft", sagt er. Dabei handele es sich aber um bloße Selbstversorgung, die nur das Überleben sichert. Bei einem jährlichen Bevölkerungswachstum von 3,1 Prozent werde dies sehr bald an ihre Grenzen stoßen.



GIZ: Burkina Faso kann sich mittelfristig nicht selbst ernähren

Seiner Einschätzung nach wird sich das Land in fünf bis zehn Jahren nicht mehr selbst ernähren können. Davor schützen könnte nur eine Intensivierung der Landwirtschaft. Verbunden damit ist jedoch der Einsatz von Düngemitteln und verbesserten Bewässerungssystemen.

"Burkina Faso wird auch nur konkurrenzfähig bleiben, wenn mehr Rohstoffe vor Ort verarbeitet werden können", betont Thies.



Im Moment macht Burkina Faso noch etwas anderes zu schaffen: Gut 62.000 Malier haben sich aufgrund der Tuareg-Rebellion und der anschließenden Ausrufung des Staates Azawad nach Burkina Faso geflüchtet. Sie werden - wie auch einige besonders hilfsbedürftige Kommunen im Land - mit Hilfe des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen versorgt. Trotz des Versuches der Gleichbehandlung warnt das UN-Büro für die Koordination humanitärer Angelegenheiten (OCHA) in seinem neuesten Report vor Konflikten zwischen Flüchtlingen und Einheimischen. Beide Gruppen wollen Zugang zu den ohnehin schon beschränkten Ressourcen, etwa Weideland für das Vieh.



Noch haben die Menschen in Djomga von Konflikten nichts bemerkt - die Flüchtlinge sind weit weg. In Djogma denkt man nur an eines: Regen. Darüber würde sich auch Sita Diallo freuen, der für die Organisation "Brüderliche Vereinigung der Gläubigen" in Dori für landwirtschaftliche Entwicklung zuständig ist. Schließlich hat seine Organisation, die auch von Misereor unterstützt wird, einfache aber erfolgreiche Bewässerungssysteme ausgetüftelt. Rund um ein großes Regenrückhaltebecken werden Gärten und Felder angelegt. "Eigentlich sollte hier jetzt noch ein bisschen Wasser stehen", sagt er und zeigt in die Mitte des Rückhaltebeckens. Doch dort ist alles knochentrocken.