Bundestag debattiert über Rente mit 67

Länger arbeiten, nur wo?

Gut ein Jahr vor der Erhöhung des Rentenalters diskutiert der Bundestag heute die Chancen für ältere Arbeitnehmer. Bundesarbeitsministerin von der Leyen will an der viel kritisierten Rente mit 67 festhalten. Die Opposition sieht die Vorraussetzungen dafür nicht gegeben.

 (DR)

Union und SPD hatten in der großen Koalition 2007 die schrittweise Einführung der Rente mit 67 bis 2029 gemeinsam beschlossen. Damals wurde auch festgelegt, dass die Regierung erstmals 2010 und dann regelmäßig die Beschäftigungschancen Älterer analysieren muss. Leyen legte Mitte November dazu den Bericht "Aufbruch in die altersgerechte Arbeitswelt" vor, den das Parlament jetzt debattierte. Die Ministerin unterstreicht darin die wachsenden Beschäftigungschancen für Ältere. Dennoch haben in der Altersgruppe von 60 bis 65 nur 23,4 Prozent noch eine reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.



Leyen bekräftigte in der Debatte, dass sie von der beschlossenen Erhöhung des Rentenalters nicht abrücken wird: "Die Rente mit 67 ist demografisch und finanziell unabdingbar." Doch sei es gut, dass noch 20 Jahre Übergangsfrist bevorstünden: "Das heißt, dass alle Beteiligten genügend Zeit haben, sich darauf einzustellen." Eine längere Lebensarbeitszeit sei auch nötig, um dem Fachkräftemangel der kommenden Jahre zu begegnen. "Wann, wenn nicht jetzt, wagen wir den Aufbruch in eine altersgerechte Arbeitswelt", fragte die Ministerin.



Gabriel spricht von "Taschenspielertricks"

Obwohl sich die SPD zuletzt dafür ausgesprochen hatte, die Rente mit 67 auszusetzen, bekannte sich SPD-Chef Sigmar Gabriel dazu. Die Anhebung des Rentenalters sei eine der möglichen Antworten auf den demografischen Wandel und dessen Folgen für die Rentenversicherung. Voraussetzung sei aber, dass Ältere eine Chance auf Beschäftigung bis zur Rente hätten. So sehe es das 2007 beschlossene Gesetz auch vor.



Die Regierung unterlaufe das Gesetz mit "Taschenspielertricks" und geschönten Zahlen zur Beschäftigung Älterer. Beamte, Mini- und Ein-Euro-Jobber seien für eine aussagekräftige Statistik irrelevant. Der Blick müsse sich auf die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse richten.



Der demografische Wandel allein werde nicht helfen, Ältere in Arbeit zu bringen oder zu halten. "Sie müssen also etwas tun, damit Ältere Beschäftigung finden", rief Gabriel von der Leyen zu. Sonst liefe die Erhöhung des Rentenalters auf eine Kürzung der Bezüge hinaus, weil sie mit Abschlägen früher in den Ruhestand gehen müssen. Für sehr viele Menschen, die ohnehin nur 500 bis 1.000 Euro im Monat hätten, wäre dies untragbar, meinte der SPD-Vorsitzende: "Da müssen die Menschen auf die Bäume gehen, wenn sie hören, dass ihnen diese Rente auch noch gekürzt werden soll."



"Humanisierung der Arbeitswelt"

Wie Union und FDP bekannten sich auch die Grünen zur Erhöhung des Rentenalters. "Wir sind gegen die Abschaffung der Rente mit 67, und auch die Aussetzung, wie die SPD sie vorschlägt, finden wir nicht überzeugend", sagte der Abgeordnete Wolfgang Strengmann-Kuhn. "Die meisten Menschen würden ja gerne länger arbeiten, wenn sie denn könnten." Nötig sei jedoch eine umfassende Kampagne zur Humanisierung der Arbeitswelt.



Kategorisch gegen die Rente mit 67 argumentierte nur die Linke. Parteichef Klaus Ernst rechnete vor, dass nur 8,3 Prozent der Männer und 3,4 Prozent der Frauen mit 64 Jahren noch einen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitjob hätten. Für sie bedeute die längere Lebensarbeitszeit eine Rentenkürzung. Die Alternative wäre eine Erhöhung des Beitragssatz um lediglich 0,5 Prozentpunkte im Jahr 2030. Die monatlichen Kosten seien geringer als der Preis einer Maß Bier. "Ich habe noch niemanden gefunden, der wegen einer Maß Bier im Monat weniger zwei Jahre länger Arbeiten will", sagte Ernst.