KAB kritisiert Rente mit 67

"Nur eine weitere Rentenkürzung"

Trotz aller Proteste und Bedenken kommt die Rente mit 67 wie geplant. Arbeitsministerin von der Leyen verteidigte das Konzept der schrittweisen Anhebung ab 2012 als "notwendig". Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung sieht das anders. Bei der Rente mit 67 gehe es nur um "eine weitere Rentenkürzung", so der KAB-Vorsitzende Hupfauer im domradio.de-Interview.

 (DR)

domradio.de:  Frau von der Leyen lehnt höhere Rentenbeiträge ab, sei will die Rente mit 67. Gewerkschaften schlagen vor, die Rente mit 67 auch mit einer Beitragserhöhung abzufedern. Was halten sie davon? --
Georg Hupfauer: Mich hat es schon überrascht. Im Bündnis gegen die Rente mit 67 war bisher nicht die Rede davon, dass die Gewerkschaften diese Forderungen aufstellen. Sie macht aber deutlich, dass es letztlich bei der Frage Rente mit 67 nur darum geht, Rentenkürzungen vorzunehmen und in dem Fall schlägt die Gewerkschaft vor, die Beitragsschraube etwas anzuziehen und hier eben Beiträge zu erhöhen. Das ist eine Alternative, die sicherlich von den Kollegen der Gewerkschaften gut gerechnet ist, wenn man eben Rentenkürzungen auf lange Sicht vermeiden will.



domradio.de: Warum dient die Anhebung des Renteneintrittsalters für Sie nur kurzfristig der Rentenversicherung. Anders: Was befürchten Sie langfristig?

Hupfauer: Langfristig lässt sich, glaube ich, das Problem der Rente, dass wir für gute Rentenzahlungen auch Beiträge leisten müssen, eben nicht vermeiden. Auch geht es darum, die Arbeitgeber nicht aus der Pflicht zu lassen. Das heißt also, wenn wir tatsächlich im Beitragsumlageverfahren etwas mehr Einnahmen bei der Rente brauchen, dass wir da auch rechtzeitig Beiträge anheben müssen. Das belastet natürlich auch die Arbeitgeber und ich denke, die Politik von Frau von der Leyen und von der Regierung Merkel ist ja seit Jahren darauf angelegt, eben die Arbeitgeber langfristig von Sozialleistungen, sprich: sogenannten Lohnnebenkosten zu entlasten, und deswegen auch die Einführung der Rente mit 67 und in dem Punkt gebe ich auch dem bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer Recht, wenn wir Menschen nicht in Beschäftigung bringen können in diesem Alter, dann ist es letztlich nur eine weitere Rentenkürzungen zu den Niveaukürzungen, die schon längst beschlossen ist.



domradio.de: Ministerin von der Leyen macht allerdings Einschränkungen. Sie sagt, den schwer arbeitenden Menschen könne man nicht zumuten bis 67 zu arbeiten. Sie könnten stattdessen etwa im Bereich der Ausbildung, des Verkaufs oder der Beratung tätig werden. Für wie realistisch halten Sie das? --
Hupfauer: Das klingt gut auf den ersten Blick, aber ich glaube nicht, dass jemand, der knapp 40 Jahre draußen auf dem Bau gearbeitet hat, jetzt plötzlich in einem Baumarkt der große Verkäufer sein kann. Da hat er einfach die Lebensvoraussetzungen nicht mitgebracht, er hat einfach in einem anderen Bereich gelebt und gearbeitet. Ich halte das einfach für Spielerei. Da soll uns Sand in die Augen gestreut werden vor der Wirklichkeit.



domradio.de:  Die Ministerin sieht dennoch die Wirtschaft deutlich am Zug. Die Unternehmen müssten sich stärker auf eine ältere Belegschaft einstellen. Schauen wir noch einmal auf eine andere Gruppe, nämlich zu den Frauen. Für Frauen ist die Situation ohnehin oft noch schwieriger. In der Regel haben sie schlechter verdient und haben auch unterbrochene Erwerbsbiographien. Reicht das also aus?--
Hupfauer: Dann müsste man nach der Rentenformel wirklich sagen, die Frauen müssten dann - nochmal zusätzlich bestraft - länger arbeiten, damit sie überhaupt eine Chance haben, an eine Rente zu kommen, die ihnen in der Auszahlung auch etwas einbringt. Also in dem Fall sollte man die Frauen besser schützen und sollte das Rentensystem weiter entwickeln, aber nicht mit Rente ab 67, sondern dass man auch in das Rentensystem andere Einkunftsarten einbezieht, das dann auch ermöglicht, eine Solidarität mit den Frauen, dass sie höhere Auszahlungen bekommen. Nicht nur in der Frage der Anhebung der Sätze für Kindererziehung, sondern insgesamt, dass sie mehr Leistungen erhalten.



domradio.de: Sie begrüßen das Ansinnen der SPD, die Einführung der Rente mit 67 aufzuschieben und auch Selbstständige in die Rentenversicherung einzubeziehen. Sie kritisieren die SPD-Pläne aber dennoch als "halbherzig" und "nicht lösungsorientiert".  Warum und was fordern sie?

Hupfauer: Konkret fordert die KAB mit anderen katholischen Verbänden seit langem eine Reformierung der gesetzlichen Rente durch Einführung einer Sockelrente. Das heißt, dass entlastet wird und andere Einkunftsarten, die jeder Bürger hat, miteinbezogen werden bei der Beitragssatzgestaltung. Das ist eine wichtige Voraussetzung. Und auch eine Kürzung der Beiträge aus der allgemeinen Arbeit, also in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das kann das ganze System stabilisieren. Die SPD ist deswegen halbherzig: Sie hat die Rente mit 67 mit auf den Weg gebracht, hat natürlich erkannt, dass es Berufsgruppen gibt, die schwer arbeiten, das sind nicht nur die Dachdecker und die auf dem Bau, da können wir auch die Frauen und die Männer mitzählen, die in Pflegerichtungen mitarbeiten. Das ist einfach nicht berücksichtigt, dass die keine Chance haben, diesen Beruf 40 oder 45 Jahre lang auszuüben.