Bundespräsident wirbt für Fortschritte in der Ökumene

"Verbinden, nicht Trennen"

Rund eine Woche vor dem Evangelischen Kirchentag in Köln hat sich Bundespräsident Horst Köhler für weitere Fortschritte im Miteinander der Kirchen ausgesprochen. "Katholiken und Protestanten wünschen, dass das Verbindende zwischen ihnen stärker in den Vordergrund rückt als das Trennende."

 (DR)

"Kirchenführer müssen diese Herausforderung annehmen"
Gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) ergänzte Köhler: "Die Kirchen würden eine Chance verspielen, wenn sie nicht aufgreifen könnten, was die Menschen bewegt." Der Bundespräsident räumte ein, dass Fortschritte in der Ökumene Zeit brauchten: "Aber das darf nicht dazu führen, letztlich der Frage auszuweichen." Auch wenn theologische Gründe eine Lösung erschwerten, sollten die Kirchenführer im 21. Jahrhundert diese Herausforderung annehmen.

Köhler begrüßte, dass wieder ernsthafter nach der Wertegrundlage der Politik gefragt werde. Dies habe gerade die Diskussion um einen Gottesbezug im EU-Verfassungsvertrag gezeigt. Dieses Ziel habe sich zwar nicht durchsetzen lassen. "Doch fand ich diese Debatte wertvoll", sagte der Präsident.

Neues Interesse an Religion
Eine zunehmende Thematisierung von Sinnfragen registriert der Präsident auch in seinen Begegnungen mit Bürgern. Es wachse das Bewusstsein, "dass Erfüllung, Glück und Wohlbefinden sich nicht allein auf rein materiellen Fortschritt gründen lassen". Das neue Interesse an Religion biete eine Chance, die man ergreifen sollte.

In seinem Bekenntnis zum evangelischen Glauben und zum christlichen Menschenbild sieht der Bundespräsident kein Hindernis für das Gespräch mit Muslimen. Selbstvergewisserung über die eigene christliche Position sei eine Grundvoraussetzung für einen ehrlichen Dialog: "Wenn ich den anderen richtig verstehen will, muss ich mich selbst und meinen Glauben richtig kennen."

Vorfreude
Für ihn bedeute christliche Orientierung, dass es eine höhere Instanz über ihm gebe, sagte Köhler. "Das ist Gott, und der Glaube an ihn gibt mir Halt und Orientierung". In seiner Antrittsrede vor drei Jahren hatte Köhler das christliche Menschenbild als seinen Kompass bezeichnet.

Der Bundespräsident sagte, er freue sich auf den bevorstehenden Deutschen Evangelischen Kirchentag Anfang Juni in Köln. Für ihn sei dies eine schöne Gelegenheit, Menschen seines Glaubens zu begegnen: "Die Fröhlichkeit und die Vielfalt der Diskussionspartner haben mir bisher bei Kirchentagen immer gut gefallen", bekannte Köhler. Das Staatsoberhaupt wird während des Kirchentages an einer Forumsveranstaltung über Armutsbekämpfung mitwirken. Er verwies darauf, dass die Diskussionen des Kirchentags vom zeitgleich stattfindenden G-8-Gipfel in Heiligendamm beeinflusst werden.