Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wünscht sich eine aktive und starke Kirche in Deutschland. "Die Kirchen können und müssen eine positive Rolle spielen beim Zusammenhalt unserer Gesellschaft", bekräftigte Steinmeier am Montag nach seiner Begegnung mit Papst Leo XIV.
Deshalb habe er dem Papst gesagt, "uns ist die Stimme hier aus Rom auch nach wie vor wichtig", so der Bundespräsident. Er wolle mit Leo XIV. im Gespräch bleiben und habe ihn nach Deutschland eingeladen.
Dem Papst machten die sinkenden Mitgliederzahlen der katholischen Kirche große Sorgen. "Das muss nicht nur den Papst und den Vatikan besorgen. Darüber müssen auch wir uns Gedanken machen", so Steinmeier weiter. Ein Grund sei der sexuelle Missbrauch in der katholischen Kirche und seine Folgen. Aber es liege auch an einer zunehmenden Säkularisierung und einer wachsenden religiösen Vielfalt.
Bundespräsident ermutigt Papst zur Vermittlerrolle in Konflikten
Zudem hat Steinmeier Papst Leo XIV. zu einer starken Vermittlerrolle in den weltweiten Krisen wie dem Nahost-Konflikt ermutigt. "Wir können gar nicht darauf verzichten, wenn der Papst und der Vatikan hier seine Hilfe anbieten", sagte Steinmeier nach der Privataudienz weiter. Es gebe immer weniger Vermittler und Einflussgrößen, die auf Konfliktparteien einwirken könnten. Der Papst und der Vatikan hätten ihre Bereitschaft zu vermitteln, etwa im Ukraine-Krieg, deutlich gemacht.
Riesling als Geschenk
Zu seinem Antrittsbesuch hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Papst Leo XIV. drei Flaschen deutschen Riesling geschenkt. Sie stammen vom Bischöflichen Weingut in Rüdesheim im Rheingau, nach eigenen Angaben eines der ältesten Weingüter in Deutschland. Zudem schenkte der Präsident Leo XIV. ein Faksimile, eine originalgetreue Nachbildung der Klaviernoten für "Das wohltemperierte Klavier" von Johann Sebastian Bach (1685-1750).
Steinmeier kritisiert Aushöhlung des UN-Systems
Vor Journalisten hat sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterdessen besorgt über eine "Erosion" der Arbeit der Vereinten Nationen gezeigt. "Wir brauchen starke internationale Institutionen und Regeln", sagte er am Montag in Rom. Die "Regellosigkeit" dürfe nicht die Alternative zu einem internationalen System sein, das vielleicht Defizite habe. Dies sei auch Konsens im Gespräch mit Papst Leo XIV. gewesen.
Am Nachmittag wird das Staatsoberhaupt die drei in Rom ansässigen UN-Organisationen Welternährungsprogramm (WFP), Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) und Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) besuchen. Es ist der erste hochrangige Besuch eines Vertreters der Bundesrepublik im 80-jährigen Bestehen der FAO.
Besuch bei UN-Organisationen
Viele UN-Organisationen leisteten ganz unmittelbare und unverzichtbare praktische Arbeit auf nahezu allen Kontinenten und verdienten "mehr Respekt", so der Bundespräsident. Stattdessen kürzten einzelne Staaten ihre Mittel oder zögen sich ganz zurück. Deshalb wolle er mit seinem Besuch bei den drei UN-Organisationen, insbesondere dem WFP, ein Zeichen setzen.
Zu den Budgetkürzungen der Bundesregierung für die Vereinten Nationen sagte er, in den Organisationen sei bekannt, dass sich das finanzielle Umfeld für die starken Unterstützerstaaten wie Deutschland verändere. Gerade beim WFP werde gesehen, dass auch aufgrund des Rückzugs der USA Deutschland nunmehr der größte Unterstützer sei. Steinmeier verwies auf wirtschaftliche Belastungen durch Diskussionen über Zollvorschriften. "Wir brauchen eine Beruhigung dieser öffentlichen Debatten, wir brauchen wieder Regeln im internationalen Handelsverkehr", forderte er.
Am Mittag besucht der Bundespräsident die katholische Gemeinschaft Sant'Egidio, die sich für Bedürftige und Geflüchtete einsetzt und immer wieder in Kriegen als Vermittler aktiv ist. Nach dem Besuch der UN-Organisationen fliegt der Präsident zurück am Abend nach Berlin.
Steinmeier, der selbst protestantisch ist und vor seiner Wahl zum Staatsoberhaupt evangelischer Kirchentagspräsident werden sollte, wird von seiner katholischen Frau Elke Büdenbender begleitet. Zuletzt waren Bundespräsident und Gattin bei der Beisetzung von Papst Franziskus Ende April in Rom.