Bundeskanzlerin will auch Menschenrechte ansprechen - amnesty: Kanzlerin soll für Verbesserungen eintreten

Merkel in China

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zugesichert, mit der chinesischen Regierung auch über Menschenrechte zu sprechen. "Wir haben so enge wirtschaftliche und politische Beziehungen miteinander, dass wir natürlich auch strittige Fragen besprechen können", sagte Merkel noch vor ihrer Abreise nach China. amnesty international sowie Exil-Tibeter riefen die Kanzlerin auf, sich für die Verbesserung der Menschenrechtssituation einzusetzen. - Merkel hat am Sonntag ihre Asien-Reise begonnen.

 (DR)

Lob von den Grünen
Die Vereinigung von Exil-Tibetern ICT (International Campaign for Tibet) erklärte am Sonntag in Berlin, die Lage in Tibet sei desolat.  Die chinesischen Behörden reagierten ein Jahr vor der Olympiade mit immer neuen Repressionen und Einschränkungen auf den wachsenden Unmut der Tibeter über Menschenrechtsverletzungen, soziale Deklassierung und die Vernichtung ihrer Kultur, so Geschäftsführer Kai Müller.

amnesty international kritisierte, die Bundesregierung habe bisher zu wenig getan. "Sie muss mehr tun", sagte die Generalsekretärin der deutschen amnesty-Sektion, Barbara Lochbihler, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagsausgabe). Es sei damit zu rechnen, dass in China im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 verstärkt Todesurteile verhängt werden. Vor den Pekinger Spielen werde das Regime versuchen, seine Kritiker mundtot zu machen, indem man Hausarreste verhänge oder sie in Umerziehungslager einweise. 2006 gab es amnesty zufolge 2.790 Todesurteile in China, mindestens 1.010 Hinrichtungen wurden vollstreckt.

Lob für ihre Menschenrechtspolitik erhielt Merkel von den Grünen. Er begrüße "die Art, wie Angela Merkel das Thema Menschenrechte in China anspricht", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Sie demonstriere damit eine andere Haltung als ihre Vorgänger Helmut Kohl (CDU) und Gerhard Schröder (SPD), die China fast nur unter wirtschaftlichem Aspekt betrachtet hätten. Dennoch wisse die jetztige Bundesregierung nicht wie sie Menschenrechtspolitik und Wirtschaftsinteressen unter einen Hut bringen  solle.

"Generell schwierige Themen nicht ausklammern"
Nach einem Gespräch mit Wen und der Teilnahme an einem Treffen mit deutschen und chinesischen Unternehmern kommt Merkel mit Staatspräsident Hu Jintao zusammen. Zu beiden hat sie Berliner Regierungskreisen zufolge ein "ausgezeichnetes Verhältnis" aufgebaut. Am Montagabend nimmt Merkel an einer Veranstaltung anlässlich des 35. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und China teil.

Merkel will in China auch die Menschenrechtssituation und Pressefreiheit ansprechen. Bei den Gesprächen würden "generell schwierige Themen nicht ausgeklammert", hieß es in Berlin. Am Dienstag will sich die Kanzlerin mit Vertretern der Zivilgesellschaft wie Schriftstellern und Journalisten. Geplant ist ferner eine Rede vor der Akademie für Sozialwissenschaften. Eine wichtige Rolle in den Gesprächen soll der Klimaschutz spielen. Hier sei in China "viel in Bewegung gekommen", betonten Regierungskreise. Begleitet wird die Kanzlerin von einer Wirtschaftsdelegation, zu der Vertreter großer Konzerne, aber auch des Mittelstands gehören.

Am Dienstag reist Merkel nach Nanjing rund 900 Kilometer südlich von Peking weiter. Dort will die Kanzlerin unter anderem mit Studenten sprechen und an einer Ballettaufführung von "Romeo und Julia" als Auftakt der Veranstaltungsreihe "Deutschland und China - Gemeinsam in Bewegung" teilnehmen. Im Rahmen der bis zum Herbst 2010 laufenden Serie sind Projekte in den Bereichen Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Gesellschaft geplant. Sie soll das Interesse der chinesischen Öffentlichkeit für Deutschland stärken. Auf ihrer Reise wird Merkel auch von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) begleitet.

Merkel reist in doppelter Eigenschaft
Am Mittwoch fliegt Merkel nach Tokio weiter. Geplant sind dort Gespräche mit Premier Shinzo Abe, eine Audienz bei Kaiser Akihito und ein Treffen mit dem japanischen Wirtschaftsverband Keidanren. Am Freitag fährt Merkel nach Kyoto. Dort wurde vor zehn Jahren das Kyoto-Protokoll zur Senkung der Treibhausgase unterzeichnet. Nach einem Besuch der Leichtathletik-WM in Osaka fliegt die Kanzlerin zurück nach Berlin. Dort wird sie am Samstagmorgen nach ihrer sechstätigen Reise (1.9.) erwartet.

Merkel reist in doppelter Eigenschaft als Kanzlerin und noch amtierende G8-Präsidentin nach China und Japan. Den Staffelstab in der Gruppe der acht führenden Industrienationen gibt Deutschland 2008 an Japan weiter. China gehört zu den fünf Schwellenländern, mit denen die G8 beim Gipfel in Heiligendamm einen neuen Dialogprozess gestartet haben.