Bürgerstiftung trauert um ihren Gründer Wolfgang Picken

"Orte für das Viertel geschaffen"

Die Bonner Bürgerstiftung Rheinviertel wurde vor 18 Jahren von Pfarrer Wolfgang Picken gegründet. Deren Vorsitzender, Hanns-Christoph Eiden, erzählt, welchen gesellschaftlichen Gewinn die Stiftung auch über Pickens Tod hinaus hat.

Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken / © Harald Oppitz (KNA)
Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie haben Sie denn vom Tod des Bonner Stadtdechanten Wolfgang Picken am vergangenen Samstag erfahren?

Dr. Hanns-Christoph Eiden (privat)
Dr. Hanns-Christoph Eiden / ( privat )

Dr. Hanns-Christoph Eiden (Vorsitzender der Bürgerstiftung Rheinviertel): Wir saßen mit dem Vorstand der Bürgerstiftung gerade in Maria Laach zusammen zu unserer jährlichen kleinen Klausurtagung und haben ein bisschen in die Zukunft geschaut. Bei mir brummte es auf einmal ständig auf dem Handy, weil eine Nachricht nach der anderen kam. Da hatte das Stadtdekanat den Tod gerade mitgeteilt und so haben wir dann alle davon erfahren.

DOMRADIO.DE: Vor 18 Jahren hat Wolfgang Picken als Pfarrer in Bad Godesberg die Bürgerstiftung Rheinviertel ins Leben gerufen. Was war denn damals der Anlass dafür?

Hanns-Christoph Eiden

"In der Krise kam er mit einer Vision von einer Gesellschaft, die einander zugewandt ist."

Eiden: Der Anlass war eine krisenhafte Situation, die dazu führen sollte, dass die Kirchengemeinde Kindergärten aufgeben sollte. Es gab auch darüber hinaus in der Gemeinde das Gefühl, alles geht den Bach runter. 

Und in der Situation kam Wolfgang Picken als unser neuer Pfarrer und hat gesagt: Nein, das wollen wir anders machen. In der Krise kam er mit einer Vision von einer Gesellschaft, die einander zugewandt ist und die dort aktiv wird, wo bislang vertraute Strukturen auf einmal nicht mehr bestehen bleiben sollen oder wo wir feststellen, dass sie fehlen. 

Dann hat er zu der Vision die Aktion gepackt und dann haben wir angefangen. Also insofern hat er uns sehr motiviert mit dem Ansatz: Wir müssen in unserem Viertel selber dafür sorgen, dass es gut vorangeht. Und der vierte Punkt war dann, dass er mit seiner eigenen Art dann auch Menschen angesprochen hat, uns sehr ermutigt hat sich auf den Weg zu machen.

DOMRADIO.DE: Sie beschreiben auf Ihrer Internetseite die vergangenen Jahre als eine Erfolgsgeschichte für die Stiftung. Welche Erfolge konnten Sie denn in dieser Zeit verbuchen?

Eiden: Wir haben angefangen mit der Übernahme von zwei Kindergärten aus vorher pfarrlicher Trägerschaft. Da ist ein dritter Kindergarten dazugekommen, und ich glaube, man kann sagen, wir machen da eine gute Arbeit für die Kinder, auch mit speziellen Angeboten für Kinder mit einem besonderen Förderbedarf, die bei uns sehr gut aufgehoben sind. 

Der zweite Schwerpunkt, der ambulante und stationäre Palliativ- und Hospizdienst, ist hoch anerkannt in unserem Viertel. Die Schwestern, die dort tätig sind, leisten eine ganz herausragende Arbeit und haben eben unzählige Menschen begleitet auf ihrem letzten oder manchmal auch sehr schweren Weg.

Wir haben vor einigen Jahren zusammen mit dem Caritasverband ein Demenz-Hilfeprojekt angefangen bei uns im Viertel, wo wir schier überrannt werden von dem Bedarf, den es gibt. Dort werden demenz-erkannte Menschen und ihre Familien unterstützt, begleitet speziell in der Phase, in der sie noch im familiären Umfeld zu Hause sind. Das ist so ein Beispiel, wo man merkt es gibt einen hohen Bedarf und es gibt keine geeigneten Strukturen um, den Bedürfnissen der Betroffenen und ihrer Angehörigen gerecht zu werden. 

Hanns-Christoph Eiden

"Das ist wichtig für unser Viertel, dass keiner ausgegrenzt wird."

Und da, glaube ich, haben wir inzwischen etwas aufgebaut mit einem Netz von Ehrenamtlichen und haben mit unserem Stiftungstreff einen Raum geschaffen, wo auch diese Menschen noch am Alltag teilnehmen können. Das ist wichtig für unser Viertel, dass keiner ausgegrenzt wird. Ich glaube, es ist schon ein Erfolg, ohne dass man sagen kann, dass wir da fertig sind. Das ist ja ein Auftrag, der ist immer da und es wird immer neue Herausforderungen geben. Das ist ein dauernder Ansporn.

DOMRADIO.DE: Die Aufgaben der Stiftung gehen auch über das hinaus, was man jetzt so vom klassischen kirchlichen Gemeindeleben aus sieht normalerweise.

Eiden: Wir sagen ganz bewusst, wir wollen in einem christlichen Geist, vom christlichen Glauben ausgehend in die Gesellschaft hineinwirken. Wir sind nicht ein Teil der Kirchengemeinde, mit der wir sehr eng verbunden sind, aber wir wollen bewusst in die örtliche Gesellschaft insgesamt ausstrahlen und erfahren da auch eine hohe Resonanz. Insofern sind wir, glaube ich, auch für eine ganze Reihe von Menschen auch noch ein Bindeglied zu Kirche und zu Glauben, auf eine etwas andere Art und Weise.

DOMRADIO.DE: Gründer von Stiftungen und Institutionen können oftmals nicht loslassen und manches Mal bindet sich auch eine Organisation zu fest an ihre Gründerfigur, so dass beispielsweise nach deren Tod die gesamte Struktur zusammenbricht. Wie ist das denn jetzt bei Ihnen?

Eiden: Bei uns ist das anders. Man muss natürlich sagen, dass Wolfgang Picken insofern nicht losgelassen hat, als dass er der der Stiftung immer sehr nahe war und sehr hohen Anteil genommen hat. Aber die Struktur am Anfang war ja, dass der Pfarrer der Gemeinde der Vorsitzende der Stiftung ist. Deswegen ist dieses Amt mit seinem Weggang dann auch auf andere Personen übergegangen. 

Aber noch weitergehend haben wir die Struktur dann auch dadurch verändert, weil sich die Anforderung des Pfarrers in der Gemeinde so verändert haben mit der Zusammenführung von Kirchengemeinden, dass das Führen einer Stiftung so nebenher eine zu große Herausforderung wäre. Deswegen ist unsere Struktur jetzt so, dass der Pfarrer und zwei Kirchenvorstände im Kuratorium aktiv sind und wir jetzt einen anderen ehrenamtlichen Vorstand haben, der nicht geprägt ist vom Pfarrer der Gemeinde. So habe ich dann dieses Amt dann auch vor gut einem Jahr übernommen.

Hanns-Christoph Eiden

"Er hat schon sehr stark eingewirkt in unser Viertel."

DOMRADIO.DE: Das heißt also, Wolfgang Picken war bis zum Schluss Ehrenvorsitzender des Kuratoriums. Er war also sozusagen noch der Stiftung sehr eng verbunden. Aber eben hat die Stiftung auf eigene Füße gestellt aufgestellt.

Eiden: Ja, genauso.

DOMRADIO.DE: Wie werden Sie denn als Stiftung in der nächsten Zeit des Verstorbenen gedenken?

Eiden: Wir werden jetzt unmittelbar an der Totenvesper teilnehmen, auch an den Exequien. Da darf ich auch für die Bürgerstiftung eine Fürbitte halten. Das ist uns schon sehr wichtig an diesem Moment dabei zu sein. Wir haben aber mit der Kirchengemeinde vereinbart, dass wir am 25. Februar einen Gedenkgottesdienst bei uns im Viertel abhalten und danach auch eine Gedenkveranstaltung, wo viele Menschen aus dem Viertel noch zu Wort kommen. 

Das ist sehr bewusst geworden in den letzten Tagen, wie groß das Bedürfnis vieler bei uns im Viertel ist zu erzählen von Begegnungen, von Erlebnissen, die mit Wolfgang Picken irgendwie zu tun haben. Er hat schon sehr stark eingewirkt in unser Viertel. Und dem wollen wir Raum geben mit dieser Messe und der anschließenden Gedenkveranstaltung Ende Februar.

Das Interview führte Jan Hendrik Stens. 

Geistliches Wort von Wolfgang Picken

Dr. Wolfgang Picken 
Stadtdechant von Bonn

Persönliche Worte anlässlich meines Todes

Liebe Brüder und Schwestern im Stadtdekanat Bonn, 
in der Münstergemeinde und der Kirchengemeinde St. Petrus 
und in meinen früheren Gemeinden in Bad Godesberg, 
besonders dem Rheinviertel, 
liebe Wegbegleiter, Freunde und Familienangehörige,

Trauer um Wolfgang Picken (KNA)
Trauer um Wolfgang Picken / ( KNA )
Quelle:
DR