Buchautor interviewte Salafistenprediger Sven Lau

"Rheinische Frohnatur mit geschlossenem Weltbild"

Wegen des Vorwurfs der Unterstützung einer Terrorvereinigung sitzt Sven Lau, einer der führenden Salfisten in Deutschland, in Untersuchungshaft. Der Autor Christian Linker hat Sven Lau interviewt und vermittelt bei domradio.de seine Eindrücke.

Salafistenprediger Sven Lau wurde wegen Terrorismusverdachts festgenommen / © Marius Becker (dpa)
Salafistenprediger Sven Lau wurde wegen Terrorismusverdachts festgenommen / © Marius Becker ( dpa )

domradio.de: Sie haben Sven Lau, der jetzt in Untersuchungshaft sitzt, für Ihr Buch interviewt. Welche Weltsicht hat der 35-Jährige?

Christian Linker: Man muss vielleicht vorweg schicken, dass es einige Jahre zurückliegt, dass wir uns getroffen haben. Er hat natürlich ein geschlossenes Weltbild, aber ich fand ihn dialogfähig. Wir haben uns sehr gut unterhalten. Er ist ja von Hause aus auch ein wenig eine rheinische Frohnatur. Ich hatte zwischendurch das Gefühl, mir gegenüber könnte auch einer meiner Kumpels sitzen. Als ich ihn aber gefragt habe, wenn er die Gesetze in unserem Land bestimmen könnte, ob es dann in Ordnung wäre, wenn man mich steinigen würde, hat er das bejaht. Das wäre dann halt so. Er fände mich zwar auch nett, aber es gäbe gewisse Regeln. Das ist, glaube ich, sein Weltbild. Wobei ich ihm aber damals auch abgenommen habe, dass er sich von jeder Gewaltbereitschaft akut distanziert hat. Er hat immer gesagt, man halte sich an die Gesetze, die hier gelten. Das war ein wenig die Sprachregelung.

domradio.de: Lau war einmal katholisch. Wie kommt es, dass ein solcher Mann am Ende zum Salafisten wird und ihm nun sogar vorgeworfen wird, eine terroristische Vereinigung zu unterstützen?

Christian Linker: Er hat mir sehr glaubhaft von der Suchbewegung seines jungen Lebens erzählt, die ja im Grunde alle antreibt wenn wir heranwachsen. Wir stellen uns die Frage, wo wir hingehören, womit man sich richtig identifizieren kann. Er hat verschiedene Sachen gemacht: Fußball gespielt, er war bei der Feuerwehr, alles Dinge, bei denen es auch um Freundschaft und Kameradschaft geht. Aber das, was er gesucht hat, hat er dort nirgendwo gefunden, sondern stattdessen in dieser strengen, sehr kompromisslosen Glaubensrichtung. Das war das, was er offensichtlich gesucht hat. Das habe ich ihm auch abgenommen. Ich glaube, dass es tatsächlich gerade für Salafisten auch sehr schwer ist, sich abzugrenzen, weil sie sich in einer Grauzone bewegen, was den Kontakt zu terroristischen Organisationen angeht.

domradio.de: Zeigt die Festnahme des Salafisten Lau, dass das nicht nur harmlose, fromme Muslime sind, die für ihre Sache brennen, sondern, dass sie tatsächlich gefährlich sind? Oder kann man das nicht pauschalisieren?

Christian Linker: Nein, ich denke, dass man das im keinem Fall pauschal fassen kann. Zwischen Salafismus und Terrorismus gibt es immer noch einen großen Unterschied. Aber es ist nun einmal so, dass diejenigen, die zur Gewalt greifen oder auch terroristische Verbrechen begehen, sich auf salafistische Ideologie berufen. Deswegen ist es schon die Verantwortung von salafistischen Predigern, sich da entsprechend abzugrenzen.

domradio.de: Glauben Sie, diese Abgrenzung ist überhaupt gewollt?

Christian Linker: Ja. Ich habe nach den Paris-Attentaten noch einmal gezielt auf die Facebook-Seite von Pierre Vogel geschaut, der einer der Prominentesten in der Salafisten-Szene ist. Er hat sehr klar erklärt, warum für ihn diese Attentate nicht kompatibel sind.

Das Interview führte Dr. Christian Schlegel.


Quelle:
DR