Bruder Paulus ist Botschafter beim Jahr gegen soziale Ausgrenzung

"Armut ist ein Tabu-Thema"

Am "Europäischen Jahr 2010 gegen Armut und soziale Ausgrenzung" nehmen alle EU-Staaten teil. Die Politik unterstützt dabei zahlreiche Projekte - aber auch jeder einzelne Bürger kann helfen, sagt Paulus Terwitte, Botschafter der Aktion. Im domradio.de-Interview spricht der Kapuzinerbruder über Wege, Armut als Tabu-Thema zu begegnen.

Autor/in:
Michael Borgers
 (DR)

Denn noch sei es ein Tabu-Thema in Deutschland, so Terwitte. Dies liege auch daran, dass Brüderlichkeit unter den Menschen verloren gegangen sei, "wenn jeder an sich selber denkt." Wir sollten, der Botschaft Christus folgend, "den Nächsten lieben, wie uns selbst".

Die aktuelle durch FDP-Chef und Bundesaußenminister Guido Westerwelle angestoßene Debatte bezeichnete der durch seine zahlreichen Bücher und TV-Auftritte bekannte Mönch als unglücklich, vor allem duch die Wortwahl Westerwelles. "Hartz-IV-Empfänger werden abgestempelt." Dies betreffe gerade diejenigen, die nicht gut qualififiert seien und so keine Arbeit fänden. Dies sei ein Kreislauf, "den die Politik beenden muss".

Selber wolle er als Botschafter des Jahres eben die Menschen kennen lernen, die sich bedroht fühlten. Von ihnen könne er selber viel lernen. Jeder könne sich engagieren, man müsse nur die Augen in der eigenen Nachbarschaft aufhalten.

Eröffnung mit Festakt
Mit einer Festveranstaltung in Berlin ist am Donnerstag (25.02.2010) das Europäische Jahr 2010 gegen Armut und soziale Ausgrenzung für Deutschland eröffnet worden. Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte, das Jahr sei ein Ansporn für Staat und Zivilgesellschaft zu gemeinsamen Anstrengungen besonders gegen Kinderarmut.

Das Themen-Jahr wird in den 27 Mitgliedstaaten der EU sowie in Norwegen und Island begangen. Das Bundessozialministerium organisiert in Deutschland die von der EU-Kommission initiierte Kampagne. Unter dem Motto "Mit neuem Mut" soll sie das Bewusstsein für Armut und soziale Ausgrenzung schärfen. Die EU und das Ministerium fördern dabei 40 Sozialprojekte mit insgesamt 1,5 Millionen Euro. Außerdem sind bundesweit zahlreiche Veranstaltungen zu Fragen der Entwicklungschancen von Kindern, und der Integration von Ausgegrenzten geplant. Prominente treten als Botschafter auf.

Zu den prominenten Förderern gehören Fernsehmoderator Reinhold Beckmann, die Fußball-Nationalspielerin Lira Bajramaj, die Fechterin Imke Duplitzer, der Schauspieler Peter Pfaff, der Kriminalautor Felix Huby, der Kapuzinerpater Paulus Terwitte und die WDR-Reporterin Julitta Münch. Bei der Veranstaltung trat auch der "Straßenchor" unter der Leitung des Berliner Konzertpianisten Stefan Schmidt auf. In dem Chor wirken Wohnungslose, Hartz-IV-Empfänger, ehemalige Drogenabhängige und Straßenkinder mit.