Erzbischof Schick attackiert Westerwelle - FDP kündigt Papier an

Dann "lieber schweigen"

Guido Westerwelle gibt nicht Ruhe: "Schneeschippen" statt "spätrömische Dekadenz", so das neueste Bild des FDP-Generalsekretärs in der Sozialdebatte. "So ist die Diskussion idiotisch", findet Ludwig Schick. Der Bamberger Erzbischof rät Westerwelle zu Schweigen - doch das ist nicht in Sicht, die FDP kündigt ein "Eckpunktepapier" an.

 (DR)

Schick betonte am Montag: "Mit Schneeschippen kommt niemand aus der Arbeitslosigkeit heraus." Außerdem könne man Bildungsgutscheine für Kinder und Jugendliche "nur als verspäteten Faschingskalauer bezeichnen". Der Erzbischof fügte hinzu: "Wer nicht ernsthaft über das Thema Arbeitslosigkeit und Armut diskutieren will, sollte lieber schweigen!"

Westerwelle hatte am Wochenende Einsätze zum Schneeschippen als zumutbare Arbeit für "Hartz IV"-Empfänger bezeichnet. Beim geplanten Ausbau der Hilfen für Kinder schlug er Bildungsgutscheine anstelle von Bargeld vor.

Schick kritisierte, ohne den Namen von Westerwelle ausdrücklich zu nennen: "So ist die 'Hartz IV'-Diskussion idiotisch." Die Debatte müsse "von Respekt und Ermunterung gekennzeichnet sein". Außerdem müsse die Politik "bessere Rahmenbedingungen" für mehr Arbeitsplätze in strukturschwachen Gebieten schaffen und dazu den Mittelstand stärken.

"Debatte ohne Menschen im Blick"
Die Debatte um Hartz IV werde derzeit geführt, ohne die betroffenen Menschen im Blick zu haben. Dabei gehe es um die Zukunft der Gesellschaft, um Integration und Partizipation.

Selbstverständlich müssten Hartz IV-Empfänger so schnell wie möglich aus der Sozial- und Arbeitslosenhilfe herauskommen, betonte der Erzbischof. Sie sollten aber Arbeit bekommen, von der sie eigenständig leben könnten. Hartz IV mache unselbstständig und abhängig, Arbeitslosigkeit zunehmend passiv und depressiv. Es müssten deshalb wieder mehr und auch einfache Arbeitsplätze in Wohnortnähe geschaffen werden, verlangte der Erzbischof. Auf dem Land müssten die Landwirtschaft gestärkt und die Landschaftspflege gefördert werden, im Sozial- und Pflegebereich könnten ebenfalls Arbeitsplätze geschaffen werden.

FDP kündigt Eckpunktepapier an
Die FDP hat unterdessen Vorschläge zur "Weiterentwicklung" des deutschen Sozialsystems angekündigt. Seine Partei werde "sehr zeitnah" ein Eckpunktepapier mit konkreten Forderungen vorlegen, sagte Generalsekretär Christian Lindner nach einer Präsidiumssitzung am Montag in Berlin. Dieses werde dann bei einem öffentlichen Symposium mit Experten und gesellschaftlichen Gruppen diskutiert. Der FDP-Politiker betonte, die Debatte biete eine "große Chance", die Hilfe für Bedürftige wirksamer zu gestalten und den Sozialstaat finanziell tragfähig zu halten.

Als zentrale FDP-Forderungen nannte Lindner höhere Zuverdienstgrenzen für Langzeitarbeitslose, einen nur schrittweisen Anstieg von Sozialbeiträgen für Geringverdiener, Bildungsgutscheine für Kinder, regionale Pauschalen bei den Wohn- und Heizkosten, Verbesserungen bei der Jobvermittlung und die bessere Umsetzung bestehender Sanktionsmöglichkeiten. Die Ausweitung einzelner Leistungen soll durch "Effizienzsteigerungen" an anderer Stelle realisiert werden. Eine pauschale Erhöhung der Regelsätze lehnen die Liberalen ab.

Angesprochen auf seine von Parteichef Guido Westerwelle abweichende Wortwahl sagte Lindner, er bringe einen anderen Tonfall in die Diskussion, weil er "ein anderer Typ" sei als Westerwelle. Dies sei aber nicht als Distanzierung zu verstehen. Erneut brachte der Generalsekretär das liberale "Bürgergeld" ins Gespräch, das die steuerlichen Sozialleistungen zusammenfassen würde. Dieses Modell biete die große Chance, "Hartz IV" zu überwinden.