Diskussion über Rolle von Religion in Konflikten

Brandbeschleuniger und Löschmittel zugleich

Zum aktuell laufenden Monat der Weltmission haben Experten aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft über Herausforderungen und Möglichkeiten für Religionen in weltweit Konflikten gesprochen. Denn deren Rolle ist durchaus zwiespältig.

Autor/in:
Von Johannes Senk
Interreligiöser Dialog: Kreuz, Halbmond und Davidstern / © Julia Steinbrecht (KNA)
Interreligiöser Dialog: Kreuz, Halbmond und Davidstern / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Religionen könnten als "Brandherd für Konflikte" dienen, diese aber auch "löschen", erklärte der Beauftragte der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit Markus Grübel (CDU) am Mittwoch bei der vom Hilfswerk missio Aachen organisierten zweitägigen Konferenz.

Beispiel Muezzinruf in Köln

Das zeige sich aktuell auch in Deutschland, etwa bei Diskussionen um den Bau von Moscheen oder jüngst den Muezzinruf in Köln. Hier brauche es "mehr Differenzierung zwischen einem politischem und gewaltbereitem Islam und hier friedlich lebenden Muslimen", betonte Grübel. Wichtig sei in diesem Zusammenhang nicht die Frage, ob eine Moschee gebaut werden könne - was schon durch die Religionsfreiheit gedeckt sei - sondern wer sie baue, so der Bundesbeauftragte.

Destruktive Rolle von Religionen

Markus Weingardt von der Stiftung Weltethos beklagte, dass in Konflikten die destruktive Rolle von Religionen oft mehr wahrgenommen werde als die friedensstiftende. Zwar lasse sich der Glaube dazu nutzen, um Konflikte loszubrechen oder zusätzlich zu befeuern. "Aber wo es keine Religion gibt, geht das problemlos auch ohne", sagte Weingardt. Hingegen hätten religiöse Initiativen, etwa beim Bürgerkrieg in Mosambik, dem Völkermord in Ruanda oder auch der Wende in Deutschland, Opfer geschützt und wichtige Impulse zur Konfliktlösung beigetragen. "Religionen haben Potenzial zur Friedensstiftung", betonte Weingardt.

Konstruktive Beteiligung an Lösungsstrategien

Ein solches Potenzial sieht der Generalsekretär des Deutschen Vereins vom Heiligen Land, Matthias Vogt, auch im Nahost-Konflikt. "Ohne konstruktive Beteiligung von Religionsführern und religiösen Bewegungen wird sich die Situation nicht verbessern lassen", sagte er. Den christlichen Kirchen im Heiligen Land könne dabei eine wichtige Funktion zukommen. "Die Christen der Region sind zwar nicht neutral, aber sie können gut als Brückenbauer zwischen Palästinensern und Israelis fungieren. Sie sind aktuell die, die keine eigenen Besitzansprüche stellen und gleichzeitig am nachhaltigsten auf Gewalt verzichten", sagte Vogt.

Interreligiöser Dialog als Lösungsansatz

Den interreligiösen Dialog hob auch nigerianische Priester Gideon Pwakim für die Konfliktlösung hervor. Dieser sei zwar in Nigeria noch recht neu, habe aber engagierte Vertreter, berichtete der Geistliche aus dem Erzbistum Jos. Im Norden des Landes komme zudem das Problem hinzu, dass beinahe alle ethnischen und sozialen Auseinandersetzungen oft nur auf die religiöse Identität der Kontrahenten heruntergebrochen würden. So entstehe der Eindruck, dass es einen ständigen Konflikt zwischen Christen und Muslimen gebe.

Die Konferenz findet bis Donnerstag im Rahmen des Monats der Weltmission statt, den die Hilfswerke missio Aachen und missio München gemeinsam organisieren. Die Solidaritätsaktion steht in Deutschland in diesem Jahr unter dem Motto "Lasst uns nicht müde werden, Gutes zu tun". Zu Beginn hatte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick den interreligiösen Dialog als "ein wichtiges Element in der weltkirchlichen Arbeit" gewürdigt und gefordert, ihn auf internationaler, nationaler sowie Ortsebene zu fördern.


Quelle:
KNA