Bosbach will als neuer ACV-Präsident Kirchenchöre stärken

"Musik gehört absolut in die Mitte der Kirche"

Das Singen im Chor bereitet vielen Menschen Freude. Auch in der katholischen Kirche sind Chöre ein wichtiger Bestandteil. Markus Bosbach ist neuer Präsident des Allgemeinen Cäcilienverbandes für Deutschland. Welche Ziele verfolgt er?

Gesangbücher eines Kirchenchores / © Elisabeth Rahe (KNA)
Gesangbücher eines Kirchenchores / © Elisabeth Rahe ( KNA )

DOMRADIO.DE: Der Allgemeine Cäcilienverband ist der Chorverband der katholischen Kirche in Deutschland. Sie haben dieses Ehrenamt neu übernommen. In der Vergangenheit hatten das oft Kirchenmusiker inne. Was war für Sie der Grund zu sagen, ich mache das jetzt?

Domkapitular Markus Bosbach / © Tomasetti (DR)
Domkapitular Markus Bosbach / © Tomasetti ( DR )

Msgr. Markus Bosbach (Kölner Domkapitular und neuer Präsident des Allgemeinen Cäcilienverbands für Deutschland / ACV): Zunächst mal bin ich gefragt worden, ob ich zur Verfügung stehe. Kirchenmusik hat mich mein Leben lang begleitet, auch wenn ich kein professioneller Musiker bin.

Ich habe von Kindesbeinen an immer Musik in der Kirche gemacht. Ich habe Orgel in Gottesdiensten gespielt und habe dann in der Ausbildung den großen Vorgänger als ACV-Präsidenten, Wolfgang Bretschneider, ganz intensiv erlebt.

Ich habe auch in den späteren Jahren immer mit Kirchenmusik zu tun gehabt, sodass ich die Anliegen von Chören und Kirchenmusikerinnen und -musikern, glaube ich, sehr gut kenne.

DOMRADIO.DE: Sie sind Priester, wie wichtig war die geistliche Musik für Sie auch beim Thema Glauben und Berufung?

Bosbach: Das war schon sehr wichtig, denn in der Musik rührt die Seele an Sphären, an Wirklichkeiten, die noch mal etwas anderes sind als das, was ich mit dem Verstand begreifen kann oder mit den Augen sehen kann.

Deshalb ist Musik für mich immer auch eine ganz starke spirituelle Größe gewesen, die versucht, das Unaussprechliche auszusprechen. Das ist wunderbar und ich finde Musik gehört absolut in die Mitte der Kirche und darf nicht so an den Rand gedrängt werden.

DOMRADIO.DE: Am vergangenen Sonntag konnte man im Kölner Dom eine schöne Situation erleben, etwa 20 junge Mädchen vom Mädchenchor am Kölner Dom sind mit strahlenden Gesichtern zum Gottesdienst mit eingezogen und haben zum zweiten Mal in einer Messe im Dom gesungen. Wird in der Kirche genug gewürdigt, wie sehr ein Chor auch ein Ort der Glaubensvermittlung ist?

Bosbach: Ich glaube, da ist noch Luft nach oben. Das zeigen mir zumindest viele Gespräche mit Kirchenmusikerinnen und -musikern, die oft auch darunter leiden, dass sie nicht als Kirchenmusiker, sondern nur als Musiker wahrgenommen werden. Sie werden schon in ihrer Professionalität gesehen, aber dass sie sich selbst als Verkündigerinnen und Verkünder verstehen und mit ganz vielen Menschen, gerade auch im Kinder- und Jugendbereich, intensiven Kontakt haben, wird, glaube ich, noch gar nicht oft genug genug gewürdigt. 

Ich bin sehr dankbar, dass ich in meinem beruflichen Leben Stationen kennenlernen durfte, wo das sehr intensiv geschieht, wo die Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker als Teil des seelsorglichen Teams verstanden wurden. Da müssen wir hin, dass diese tolle Arbeit und das Potenzial, das da drinsteckt, wirklich gehoben wird.

DOMRADIO.DE: Jetzt sind Sie zum ACV-Präsidenten gewählt worden. Was sind Ihre Ziele? Was wollen Sie als erstes angehen?

Der Vorstand des Allgemeinen Cäcilienverbands für Deutschland e. V. am 7.11.2023 - v. l. Lutz Brenner (Schatzmeister), Stephan Rommelspacher (2. Vizepräsident), Msgr. Markus Bosbach (Präsident), Raphael Baader (Generalsekretär), Dominik Axtmann (Schriftleiter Musica sacra), es fehlt: Prof. Richard Mailänder (1. Vizepräsident)  / © Raphael Baader, Regensburg  (ACV)
Der Vorstand des Allgemeinen Cäcilienverbands für Deutschland e. V. am 7.11.2023 - v. l. Lutz Brenner (Schatzmeister), Stephan Rommelspacher (2. Vizepräsident), Msgr. Markus Bosbach (Präsident), Raphael Baader (Generalsekretär), Dominik Axtmann (Schriftleiter Musica sacra), es fehlt: Prof. Richard Mailänder (1. Vizepräsident) / © Raphael Baader, Regensburg ( ACV )

Bosbach: Ich bin ja nicht alleine Präsident. Wir sind in einem Vorstandsteam. Wir haben einen Entwicklungsprozess begonnen, den es weiterzuführen gilt.

Der Allgemeine Cäcilienberband auf der nationalen Ebene ist so etwas wie eine Vertretung, eine Lobbymacht. Wir wollen der Kirchenmusik insgesamt eine starke Stimme geben.

Der Allgemeine Cäcilienverband ist mehr als nur ein Chorverband, sondern hier kommen Vertreterinnen und Vertreter aus den Diözesen zusammen, aber auch Vertreter der Profession von den Ausbildungsinstituten, von den Kirchenmusikreferaten der einzelnen Diözesen, Fachleute zu verschiedenen Themen. Das wollen wir noch weiterentwickeln, damit die Kirchenmusik eine kräftige und machtvolle Stimme hat.

Als Gegenbeispiel: Es ist schade, dass in der Synodalversammlung auf dem Synodalen Weg der Kirche in Deutschland das Thema Kirchenmusik gar nicht vertreten war.

DOMRADIO.DE: Die Kirchenchöre sind in den letzten Jahren ganz schön gebeutelt worden, etwa durch die Corona-Krise. Wie erleben Sie aktuell Kirchenchöre?

Bosbach: Corona hat vor allem die kleineren Kirchenchöre getroffen. Viele von ihnen haben nach der Pandemie nicht mehr die Kraft gehabt, noch mal anzufangen. Da, wo es weitergeht, gibt es Gott sei Dank auch viele gute Ansätze, indem man guckt, was die Chöre schaffen können und was auch angemessene Chorstücke für sie sind. Da animiert der Allgemeine Cäcilienverband Komponistinnen und Komponisten für diese veränderte Situation Musik zu schreiben.

Auf der anderen Seite fördern wir aber auch Aktionen, damit Leute wieder Freude für einen Neustart bekommen. Da ist es auch ganz wichtig, dass der Bund insgesamt Amateurmusik stärker fördert und wir diese Fördermittel für den katholischen Bereich gut weitergeben können.

Ein weiteres ganz wichtiges Feld, was von uns auch mit einem tollen Projekt beackert wird, heißt "Hier klingt's mir gut". Das ist ein Projekt, um unsere kirchenmusikalische Arbeit inklusiver zu machen.

DOMRADIO.DE: Auch bei den Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker macht sich der demographische Wandel bemerkbar, viele werden in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen, zugleich gibt es über die Katholische Kirche regelmäßig Negativ-Schlagzeilen. Was überwiegt bei Ihnen; die Sorge vor der Zukunft der Chöre oder der Optimismus?

Bosbach: Ich bin ein optimistischer Mensch, aber trotzdem realistisch. Wir werden sicher in den kommenden Jahren noch erleben, dass viele Chöre ihr gemeinsames Singen einstellen müssen.

Auf der einen Seite bin ich optimistisch, weil es auch neue Pflanzen gibt, die wir fördern wollen, zum Beispiel die Senioren-Chorarbeit, die das Singen an andere Lebensrhythmen versucht anzupassen.

Auf der anderen Seite werden wir vielleicht erleben, dass es repräsentative Orte gibt, wo Kinderchor-, Jugendchor- und Erwachsenenchorarbeit exemplarisch gelebt werden kann. Dafür brauchen wir Professionalität.

Das ist durchaus eine Sorge, dass – so wie bei den kirchlichen Berufen in der Seelsorge, Priester, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferentinnen und Referenten – die Zahlen zurückgehen, weil sich weniger Menschen dafür begeistern können.

So gehen auch bei den Studenten der Kirchenmusik die Zahlen der Studierenden zurück. Das ist schon besorgniserregend. Wir können hoffentlich jungen Menschen, die diesen Beruf ergreifen wollen, auch in Zukunft attraktive Stellen anbieten.

Aber wir hoffen, dass wir genug junge Menschen haben, die diesen Beruf ergreifen wollen, der einfach ein ganz toller Beruf ist und die dann auch die nötige Professionalität zur Verfügung stellen, damit viele Männer und Frauen, Kinder und Jugendliche ehrenamtlich in unseren Chören singen können.

DOMRADIO.DE: Sie haben gesagt, dass Kirchenmusik schon immer zu Ihrem Leben gehört. Haben Sie eigentlich einen Lieblingskomponisten?

Bosbach: Ja, ich habe drei Lieblingskomponisten, die allerdings alle schon lange tot sind. Dennoch interessiere ich mich auch ganz besonders für zum Beispiel zeitgenössische Chormusik. Meine Lieblingskomponisten sind Johann Sebastian Bach, der sozusagen der Gipfel der Musik ist, dann sein Zeitgenosse Georg Friedrich Händel, der ganz anders als Bach komponiert hat und ich bin ein sehr großer Fan von Claudio Monteverdi.

Das Interview führte Mathias Peter.

Geschichte des Allgemeinen Cäcilienverbands für Deutschland

Die von der humanistischen Geistesströmung des vorigen Jahrhunderts ausgelöste allgemeine Rückbesinnung auf die Antike und auf älteres Kulturgut überhaupt erfasste schon früh die katholische Kirche, insbesondere deren Liturgie und Kirchenmusik.

Sängerinnen und Sänger des Kammerchores Chemnitz, des Landesjugendchores Sachsen und der Singgemeinschaft Großenhain treten zum Abschluss des Deutschen Chorfests auf dem Markt in Leipzig auf. / © Hendrik Schmidt (dpa)
Sängerinnen und Sänger des Kammerchores Chemnitz, des Landesjugendchores Sachsen und der Singgemeinschaft Großenhain treten zum Abschluss des Deutschen Chorfests auf dem Markt in Leipzig auf. / © Hendrik Schmidt ( dpa )
Quelle:
DR