DOMRADIO.DE: Am Ostermontag kam die Todesmeldung von Papst Franziskus. Was war Ihr erster Gedanke?
Jörg Haseneier (Bürgermeister von Boppard): Die Todesmeldung habe ich zufällig im Internet gesehen. Am Ostersonntag hatte er ja noch den Segen gesprochen. Deshalb dachte ich, dass das nicht sein kann und habe direkt den Fernseher eingeschaltet. Dort wurde es natürlich auch gemeldet. Dann war ich doch ein wenig geschockt. Schon am Sonntag habe ich gedacht, dass es wirklich beeindruckend ist, was der Mann noch alles macht. Er war ja wirklich sehr krank. Ich ziehe wirklich den Hut davor, dass er auf dem Petersplatz noch den Segen gesprochen hat. Darauf haben viele Gläubige gehofft.
DOMRADIO.DE: Sie selbst hatten mit der Stadt Boppard 1985, als der Papst dort kurzzeitig am Goethe-Institut studierte, noch nichts zu tun. Heute sind Sie Bürgermeister und viele Bopparder schicken Ihnen Fotos von Papst Franziskus aus der Zeit. Was sind das für Fotos?
Haseneier: Ich bekomme Bilder von der Eröffnungsfeier des Papst-Franziskus-Wegs geschickt, der ihm gewidmet wurde. Diese Dinge bekomme ich jetzt mitgeteilt. Ich bemerke eine Bewegung in der Stadt. Viele Menschen fühlen Betroffenheit, weil der Papst, der einmal hier in Boppard war, jetzt verstorben ist. Es herrscht eine große Anteilnahme. In unserer Basilika wird auch ein Gottesdienst für ihn gefeiert. Es gibt doch einige Reaktionen, damit hätte ich nicht unbedingt gerechnet.
DOMRADIO.DE: Warum wurde ausgerechnet dieser Weg nach Papst Franziskus benannt?
Haseneier: Papst Franziskus hat damals als er hier in Boppard bei einer Ärztefamilie gewohnt hat diesen Weg genommen, um in die Innenstadt zu dem Goethe-Institut zu kommen. 2015, zwei Jahre nach seiner Ernennung zum Papst, wurde dieser schmale Weg dann ihm zu Ehren in den Papst-Franziskus-Weg umbenannt.
DOMRADIO.DE: Franziskus war 49 Jahre alt, als er in Boppard studierte. Er wohnte damals bei den Eheleuten Helma und Josef Schmidt, die mittlerweile verstorben sind. Was erzählt man sich heute noch über diese Zeit?
Haseneier: Ich habe immer wieder gehört, dass er sehr zurückgezogen und bescheiden gewesen sei. Er hat alles so angenommen, wie es gekommen ist. Er hat also nie irgendetwas beanstandet. Er soll immer in sich gekehrt gewesen sein und viel gelesen haben.
DOMRADIO.DE: Sie haben eine Pfarrkirche, die von Franziskus zu einer Basilika erhoben wurde. Damit haben sie eine der zehn bedeutendsten Kirchen des Bistums Trier. Hat das etwas mit seiner Studienzeit in Boppard zu tun?
Haseneier: 2015 wurde die Pfarrkirche St. Severus zur Basilika minor (Anm. d. Red.: "kleinere Basilika", Ehrentitel) erhoben. Papst Franziskus war zwar bereits 2013 Papst, aber das Antragsverfahren begann, glaube ich, schon früher. Es ist ein längeres Verfahren, bis eine Kirche zur Basilika erhoben werden kann. Ich vermute also, dass seine Zeit in Boppard kein Grund für die Erhebung zur Basilika war - aber geschadet hat es mit Sicherheit auch nicht.
Das Interview führte Oliver Kelch.
Papst Franziskus †
Jorge Mario Bergoglio wurde am 17. Dezember 1936 in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires geboren. Von 1950 bis 1954 machte er eine Ausbildung als Chemietechniker. In den Jesuitenorden trat er 1958 ein. Danach vervollständigte er seine humanistischen Studien in Chile.
Er kehrte 1963 nach Argentinien zurück und schloss sein Philosophiestudium ab. Im kommenden Jahr wurde er zum Professor für Literatur und Psychologie, erst in Santa Fe, dann in Buenos Aires. Ab 1967 studierte er Theologie, in der Zeit erhielt er auch seine Priesterweihe (1969).
