Blick auf Menschelndes im Kloster

Auch mal in Hausschuhen zum Gebet

Das Klosterleben fasziniert viele, auch weil es sich vom eigenen Alltag unterscheidet. Jeden Monat stellen wir Menschelndes hinter Klostermauern vor. Im Mai ist das die Klosterkirche. Sie ist das Schmuck- und Herzstück des Klosters.

Autor/in:
Kerstin-Marie Berretz OP
Ordensschwestern in einer Kirchenbank - ob sie Hausschuhe tragen?  / © Harald Oppitz (KNA)
Ordensschwestern in einer Kirchenbank - ob sie Hausschuhe tragen? / © Harald Oppitz ( KNA )

Wer im Kloster lebt, genießt meistens den Vorteil, dass auch die Kirche nicht weit weg ist. Kinder fragen manchmal erstaunt: "Wohnst du in der Kirche?" Natürlich wohnt man als Ordensmensch nicht in der Kirche, aber die Kirche gehört doch zum Wohnraum dazu. Sie ist so etwas wie die gute Stube des Hauses: Sie wird für die wichtigen Anlässe genutzt und entsprechend gepflegt.

Sie ist das Schmuck- und Herzstück des Klosters. Und damit auch das Zentrum, auch wenn sie vielleicht nicht immer räumlich im Zentrum des Klosters zu finden ist.

Kapelle im Haus ist praktisch

Oft ist jedoch alles in einem Gebäudekomplex zusammen zu finden, so dass man, wenn man wollte, in Hausschuhen in die Kirche gehen kann. Das ist aus verschiedenen Gründen sehr praktisch: Zum einen unterbrechen Ordensmenschen ihren Tag mehrere Male, um zum gemeinsamen Gebet zusammen zu kommen. Müsste man da erst 20 Minuten unterwegs sein, bis man in der Kirche ist, könnte man fast nichts anderes mehr machen.

Die Nähe macht es also leicht, die Arbeit zu unterbrechen. Denn das gemeinsame Gebet zwischendurch ist wie eine Atempause, in der man sich neu ausrichten und zu neuer Energie finden kann.

Ordensschwester auf dem Weg  (shutterstock)

Erinnerung an eigene Berufung 

Eine Kirche oder Kapelle im Haus zu haben, ist aber auch deswegen praktisch, weil sie einen immer an das Zentrum des eigenen Lebens erinnert. In manchen Klöstern ist die Kapelle beispielsweise nicht im Erdgeschoss. So kommt man auf dem Weg zur eigenen Zelle fast zwangsläufig an ihr vorbei.

Man schläft über, neben oder unter der Kapelle. Auf diese Weise wird die Ordensfrau wie nebenbei darauf aufmerksam gemacht, warum sie da ist: weil sie in diese Form der Nachfolge gerufen ist.

Das tut dann besonders gut, wenn es in der Gemeinschaft gerade vielleicht anstrengend ist oder es im Gebälk knirscht. Dann ist es hilfreich, immer wieder vor Augen geführt zu bekommen, dass es nicht eine WG ist, die da zusammenlebt. Vielmehr sind alle da, weil sie Christus nachfolgen wollen. Das kann einen schon wieder zusammenführen.

Einladung zur Pause und zum Innenhalten 

Natürlich lädt die Kapelle oder Kirche in solchen Momenten besonders dazu ein, innezuhalten und eine kleine Pause zu machen. Selbst wenn es im Rest des Klosters vielleicht bewegter und geschäftiger zugeht, so ist die Kirche doch immer ein Ort der Stille. Hier kann man in besonderer Weise die Mitbrüder und Mitschwestern, die Sorgen, die Anliegen und die Freuden vor den Herrn tragen. Immer wieder wird man dabei erfahren: Das mache nicht nur ich so, sondern die andere ist auch noch da.

Kreuzgang in einem Kloster (shutterstock)

Aber man kann nicht nur die Mitschwester oder den Mitbruder in der Kirche antreffen. Oft ist die Kirche oder Kapelle eines Klosters - ganz besonders dann, wenn es eine relativ strenge Klausur gibt - auch darüber hinaus ein Ort der Begegnung. Dann kommen Menschen zur Messe oder zu den Gebetszeiten, die nicht im Kloster leben.

Ort der Begegnung

Und auch, wenn es vielleicht keine großen Unterhaltungen gibt, so ist doch hier die Gelegenheit, um miteinander in Kontakt zu kommen. Hier können Grüße ausgetauscht werden; hier kann man um Gebet und Begleitung bitten und gemeinsam beten und feiern. An vielen Orten kommen Menschen zu Klöstern, um dort die Messe mitzufeiern. Vielleicht, weil man weiß, dass man nie allein sein wird, weil immer Schwestern oder Brüder da sind.

Osternacht im Kloster / © Sr. Emmanuela (privat)
Osternacht im Kloster / © Sr. Emmanuela ( privat )

Ganz besonders an den großen Festen wie Weihnachten und Ostern dreht sich das klösterliche Leben in besonderer Weise um die Kirche oder Kapelle. Denn noch intensiver als sonst spielt sich hier das ab, was die Ordensleute zusammenruft - das geistliche Leben. Und wie privilegiert kann man sich fühlen, wenn man beispielsweise am Karfreitag kurz vorm Schlafengehen noch die Gelegenheit hat, am Heiligen Grab zu verweilen.

Liturgie gehört zum Alltag 

So wird die Liturgie dieser besonderen Tage und damit jede Liturgie in den Alltag hineingewoben; sie ist nichts, was vom Alltag getrennt ist. Sie gehört dazu, so wie es dazu gehört, gemeinsam zu essen. Wenn man eine Kirche oder Kapelle im Haus hat, dann lässt sich das ganz leicht leben. Mitunter wird man am Morgen durch die Kirchenglocke geweckt. Oder der letzte Blick des Tages fällt auf die Klosterkirche. So ist klar: Leben und Beten sind eins an diesem Ort.

Quelle:
KNA