Kardinal Woelki bittet Vatikan um Prüfung von Vertuschungsvorwürfen

Bitte an den Heiligen Vater

Nach der Diskussion um die Rolle des Kölner Erzbischofs Kardinal Woelki bei einer möglichen Vertuschung sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Köln, wendet sich der Erzbischof nun an den Vatikan, mit der Bitte um Klärung.

Kardinal Woelki (DR)
Kardinal Woelki / ( DR )

Im Fall einer möglicher Vertuschung von sexuellem Missbrauch durch den Kölner Erzbischof Woelki kommt nun auch der Papst ins Spiel. Der frühere Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum verlangt eine unabhängige Aufklärung des Missbrauchsskandals.

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki will gegen ihn erhobene Vertuschungsvorwürfe in einem Fall sexuellen Missbrauchs von Papst Franziskus klären lassen. "Um die gegen mich erhobenen kirchenrechtlichen Vorwürfe zu klären, bitte ich den Heiligen Vater um eine Prüfung in dieser Frage", erklärte Woelki am Freitag in Köln.

Medien: Genn prüft Ermittlungen

Der Münsteraner Bischof Felix Genn prüft laut Medienberichten, ob er kirchenrechtliche Ermittlungen gegen Woelki aufnimmt. Unterdessen forderte der zurückgetretene Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln, Patrick Bauer, die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in die Hände einer unabhängigen “Wahrheitskommission“ zu legen.

Woelki erklärte, Versäumnisse im Umgang mit sexualisierter Gewalt müssten offengelegt werden, egal um welche Person es gehe. “Dies bezieht auch mich ein.“ Zuvor hatte der Erzbischof bereits angekündigt, falls er im konkreten Fall Fehler gemacht habe, würden diese “klar benannt und ich werde danach handeln“. Woelki hatte 2015 nach der Prüfung von Personalakten eine mutmaßlichen Missbrauchsfall nicht an den Apostolischen Stuhl in Rom gemeldet.

Nach Recherchen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) bewerten Kirchenrechtsexperten im Vatikan die Lage weniger streng. Woelki hätte den Fall 2015 nach Rom melden können, aber nicht unbedingt müssen. Den Experten zufolge besteht eine Meldepflicht, sobald sich ein Verdachtsfall durch diözesane Voruntersuchungen erhärtet - diese wurde jedoch nicht eingeleitet.

Beschuldigter Pfarrer war "nicht ansprechbar"

Zur Begründung erklärte das Erzbistum am Freitag, der beschuldigte Pfarrer sei wegen Demenz und eines Schlaganfalls nicht ansprechbar gewesen und das Opfer habe sich nicht in der Lage gesehen, “sich weiter zur Sache zu äußern“. Dies habe dazu geführt, “dass die Einleitung einer kanonischen Voruntersuchung und damit auch eine Meldung an die Glaubenskongregation unterblieben ist“. In der kirchenrechtlichen Bewertung dieser Frage gebe es “in der Berichterstattung der vergangenen Tage verschiedene Rechtsauffassungen“.

Der mutmaßliche Missbrauch wurde nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeigers“ Ende der 70er Jahre von einem 1929 geborenen und inzwischen gestorbenen Düsseldorfer Pfarrer verübt, das Opfer sei ein Junge im Kindergartenalter gewesen. Das Opfer habe den Missbrauch 2010 beim Erzbistum Köln angezeigt, das ihm nach einer Prüfung eine Summe von 15.000 Euro gezahlt habe. Kardinal Woelki hatte sich 2015 mit der Personalakte des Beschuldigten befasst.

Neue Regeln seit 2019

Papst Franziskus hatte 2019 eine Meldepflicht für Missbrauchsfälle angeordnet und die Vertuschung von sexuellem Missbrauch als Straftat definiert. Vor diesem Hintergrund prüft der Münsteraner Bischof Felix Genn als dienstältester Bischof der Kirchenprovinz Köln, ob er kirchenrechtliche Ermittlungen gegen Woelki aufnimmt. Er ist unter bestimmten Umständen zu einer solchen Untersuchung verpflichtet.

Nach Einschätzung von Patrick Bauer, zurückgetretener Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum, ist die katholische Kirche insgesamt “nicht mal mehr ansatzweise in der Lage, adäquat mit dem Missbrauchsskandal umzugehen». Es wirde offenbar, «dass das System Kirche nur darauf aus war, sich selbst zu schützen“, sagte Bauer dem “Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag). “Alle Kirchenleute in führenden Positionen basteln sich ihre persönliche Erklärung, warum sie etwas getan oder unterlassen haben. “

Bauer schließt sich nicht Rücktrittsforderungen an

Rücktrittsforderungen an Woelki wollte sich Bauer nicht anschließen. Jeder solle die Konsequenzen ziehen, der er vor seinem Gewissen für erforderlich halte. Bauer zog aber einen Vergleich zur Theologin Margot Käßmann, die als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zurückgetreten sei, weil sie sich nach einer Autofahrt mit zu viel Alkohol als Bischöfin für nicht mehr glaubwürdig gehalten habe. “Daran müssen sich Bischöfe messen lassen“, sagte Bauer.

Woelki steht auch in der Kritik, weil er ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten zu sexuellem Missbrauch im Erzbistum Köln wegen “methodischer Mängel“ unter Verschluss hält. Er gab stattdessen ein neues Gutachten in Auftrag, das im März veröffentlicht werden soll.