Bistum Hildesheim schreibt weitere Missbrauchsstudie aus

Drittes großes Projekt der Aufarbeitung

Schon zwei große Studien zu sexualisierter Gewalt hat es im Bistum Hildesheim gegeben. Die befassten sich allerdings nur mit bestimmten Fällen. Eine dritte Studie soll nun die Lücke schließen, wie das Bistum bekanntgab.

Hildesheimer Dom / © telesniuk (shutterstock)

Das Bistum Hildesheim hat eine weitere Studie zu sexualisierter Gewalt ausgeschrieben. Forschungseinrichtungen können sich bis Ende Juni für das Vorhaben bewerben, wie das Bistum am Freitag mitteilte. 

Die Untersuchung soll den Zeitraum von 1945 bis 2024 in den Blick nehmen und zunächst auf zwei Jahre angelegt sein. Sie werde nach zwei Studien in den Jahren 2017 und 2021 das dritte große Aufarbeitungsprojekt im Bistum sein.

Zwei Teilstudien

"Im Bistum Hildesheim hat es über viele Jahre immer wieder Fälle von sexualisierter Gewalt gegeben, die ganz klar als Verbrechen einzustufen sind", erklärte Bischof Heiner Wilmer. "Mit der neuen Studie wollen wir nun den Blick auf die jüngere Vergangenheit und bis in die Gegenwart hinein richten."

Bischof Heiner Wilmer / © Michael Althaus (KNA)
Bischof Heiner Wilmer / © Michael Althaus ( KNA )

Ziel ist laut Bistum, Taten zu benennen, Täter zu identifizieren sowie Verantwortliche und Bedingungen aufzudecken, die Taten ermöglicht oder begünstigt haben. Eine besondere Aufmerksamkeit liege zudem auf den Folgen, die Taten für Betroffene und Co-Betroffene hatten und nach wie vor haben. Neben sexualisierter Gewalt würden auch andere Formen körperlicher und seelischer Gewalt in den Blick genommen.

Geplant sind zwei Teilstudien. Eine soll Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen in den Blick nehmen und Strukturen herausarbeiten, die dort Gewalt ermöglicht haben. Die andere Teilstudie soll die Lebensgeschichten von Betroffenen und Co-Betroffenen in den Fokus stellen. Auch soll sie sich mit Tatverdächtigen und Pfarrgemeinden befassen, in denen sexualisierte Gewalt vorgekommen ist.

Regelmäßige Zwischenberichte

Während des Untersuchungszeitraums soll es nach Willen des Bistums regelmäßige Zwischenberichte geben. Da aus den Teilergebnissen neue Fragen entstehen könnten, sei eine Verlängerung des Forschungszeitraums möglich. Bei der Planung der Studie hat sich die Diözese nach eigenen Angaben eng mit der Unabhängigen Aufarbeitungskommission Nord abgestimmt und den Betroffenenrat Nord einbezogen.

Zum Bistum Hildesheim gehören knapp 540.000 Katholiken zwischen Harz und Nordsee. 2017 hatten Sozialwissenschaftler ein Gutachten vorgestellt, in dem sie einzelne Missbrauchsfälle in der norddeutschen Diözese untersucht hatten. 2021 präsentierten Juristen und Sozialwissenschaftler ein Gutachten, das sich mit Missbrauchsfällen während der Amtszeit von Bischof Heinrich Maria Janssen (1957-1982) befasste.

Bistum Hildesheim

Hildesheimer Dom / © Daniel Pilar (KNA)
Hildesheimer Dom / © Daniel Pilar ( KNA )

Zur Diözese Hildesheim zählen rund 538.000 Katholiken im östlichen Niedersachsen und im Norden Bremens. Das rund 30.000 Quadratkilometer große Bistum reicht von der Nordseeküste bis zu den südlichen Ausläufern des Harzes bei Göttingen und Duderstadt. Die Katholiken bilden im Bistum in fast allen Regionen der Diözese eine Minderheit (Diaspora).

Es zählt 119 Kirchengemeinden in 17 Dekanaten. Heiner Wilmer ist der 71. Bischof des Bistums. Er folgt auf Bischof Norbert Trelle, dessen altersbedingten Rücktritt Papst Franziskus am 9. September 2017 annahm.

Quelle:
KNA