DOMRADIO.DE: Was haben Sie als erstes gedacht, als klar war, dass Sie jetzt mehr mitgestalten dürfen als vorher?
Barbara Velik-Frank (Bischöfliche Vikarin für Synodalität und Kirchenentwicklung im österreichischen Bistum Gurk-Klagenfurt): Meine Reaktion war vielleicht typisch Frau. Ich habe die Arbeit auf mich zukommen sehen, was alles zu tun ist, weil mir das Thema natürlich nicht fremd ist. (lacht) Aber es war schon eine sehr große Ehre. Ich habe sehr viel Anerkennung gespürt. Es war ehrlich gemeint, dass ich das jetzt machen kann, und ich habe mich sehr gefreut.
DOMRADIO.DE: Das Thema Synodalität und Kirchenentwicklung ist Ihnen nicht neu, Sie beschäftigen sich damit schon seit drei Jahren im Bistum Gurk-Klagenfurt. Jetzt können Sie aber praktisch darüber mitentscheiden, was Sie theoretisch schon erarbeitet haben. Was liegt denn jetzt auf Ihrem Tisch und wartet auf Umsetzung?
Velik-Frank: Wir haben diesen Kirchenentwicklungsprozess hier schon vor drei Jahren gestartet, parallel zum synodalen Prozess in Rom. Es war eine Idee unseres Bischofs, dass wir das Thema Synodalität gleich mit aufnehmen und es hat irgendwie hineingepasst. Der Konsultationsprozess aus Rom hat fast gleichzeitig mit unserer Umfrage stattgefunden, was unsere Diözese braucht. Das ist ineinander übergegangen.
Wir haben uns dann eine Grundorientierung erarbeitet, in der 18 Themen drinstehen, die uns wichtig und sozusagen eine Art Verfassung der Diözese sind. Da stehen Themen drin wie das Frauenthema, Beteiligung von Laien, lebendige Gottesdienste, Glaubensverkündigung. Diese haben wir jetzt in sieben strategische Ziele eingedampft und aus diesen Zielen werden Umsetzungsmaßnahmen erarbeitet.
Die Schwierigkeit ist, dass diese Umfrage und auch der synodale Prozess gezeigt haben, dass sich die Leute nicht unbedingt irgendwelche strukturellen Veränderungen wünschen. Das natürlich auch, aber im Grunde sind es viele Haltungsänderungen. Wenn ich sage, ich möchte eine offene Kirche, die für alle offen ist, ist das eine Änderung in der Haltung. Und da kann ich schwer an einer Struktur drehen.
DOMRADIO.DE: Ihr Chef ist Diözesanbischof Josef Marketz. Er gilt als Reformer. Er hat sich zum Beispiel mal für die Freiwilligkeit des Zölibats für römisch-katholische Priester ausgesprochen. Er befürwortet auch die Weihe von Diakoninnen und von Gemeindeleiterinnen. Was sind Sie zusammen für ein Team?
Velik-Frank: Ich hoffe ein gutes (lacht). Deswegen hat es mich am meisten gefreut, dass er mich für diese Position vorgeschlagen hat. Ich glaube, dass wir einfach inhaltlich auf einer ähnlichen Linie liegen. Ich sage immer: "Stichwort Kirchenbild". Von welchem Kirchenbild sind wir getragen und geprägt? Ich glaube schon, dass wir ein Kirchenbild haben, das sehr gut kompatibel ist.
DOMRADIO.DE: Auch in Österreich befindet sich die katholische Kirche in einer Vertrauenskrise. Glauben Sie, Ihre Ernennung gehört auch zu einer Art Vertrauensoffensive?
Velik-Frank: Auf jeden Fall. Ich glaube, dass diese Vertrauensoffensive aber bereits mit der Ernennung unseres Bischofs in 2020 gestartet hat. Er gilt auch für uns als ein sehr volksnaher Mensch. Man kann wirklich mit ihm reden. Er gilt als jemand, der zuhört in einer Zeit, in der das notwendig war. Es sind sehr viele kleine Schritte und ich hoffe, es trägt zum Vertrauen bei. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen und eigentlich ganz wenig Kritik, muss ich sagen.
DOMRADIO.DE: Sie sind auch schon seit Jahren in der katholischen Frauengemeinschaft aktiv. Sie haben selber zwei Töchter. Welche Wünsche oder Erwartungen von Frauen sind denn an Sie selbst schon im beruflichen oder privaten Umfeld an Sie herangetragen worden? Was sollen Sie jetzt als neue Bischofsvikarin ändern?
Velik-Frank: Das ist schon sehr spannend. Ich bin natürlich Projektionsfläche. Natürlich erhofft man sich, dass die Barbara kommt und die Kirche sich ändern wird. Dazu kenne ich die Kirche zu gut und habe mich zu lange schon mit dem System beschäftigt, um zu wissen, dass solche Reformen von heute auf morgen nicht möglich sind. Wir stehen auch als katholische Kirche in einer weltkirchlichen Gesamtsituation.
Ich habe immer sehr positive Rückmeldungen bekommen, dass ich dranbleibe, nicht aufgebe, mich den Dingen stelle. Ich thematisiere gewisse Dinge. Wichtig war mir immer die Klarheit. Und das ist gerade Frauen in meiner Umgebung wichtig. Meine Töchter melden mir auch zurück, dass sie von mir immer viel Klarheit mitbekommen haben. Um einander zu verstehen, muss man zuerst Verständnis zeigen und überlegen, wie der andere vielleicht denkt, vielleicht auch einen wissenschaftlichen Blick auf eine Sache werfen und nicht nur den emotionalen. Das ist vielleicht auch meine Stärke.
DOMRADIO.DE: Man hört schon: Sie sind freundlich, Sie sind geduldig. Müssen Sie auch mutig sein?
Velik-Frank: Ich denke schon, ja, sehr (lacht). Wir haben ja auch nicht gewusst, welche Reaktionen ausgelöst werden, wenn man diesen Schritt macht. Ich bin froh, dass es so positive Reaktionen auslöst. Und ich hoffe, dass das auch viele Leute bestärkt, einfach mutig weiterzugehen. Das ist auch ein großer Punkt im Abschlussdokument der Weltsynode gewesen. Es braucht Mut zur Umsetzung. Da bringen viele kleine Schritte manchmal mehr als der große Wurf.
Das Interview führte Heike Sicconi.