Bischof Trelle warnt vor katastrophalen Folgen von Atommülllager Asse

Schluss mit Augen zu

Bischof Norbert Trelle warnt davor, die Augen vor Problemen mit dem Atommülllager Asse zu verschliessen. "Jahrzehnte langes Verschweigen und auch eine gewisse Gleichgültigkeit haben in der 'Asse' zu einem Umweltskandal geführt, dessen mögliche katastrophale Folgen noch nicht absehbar sind", sagt der Hildesheimer Bischof. Auch die katholische Kirche habe sich lange Zeit nicht für die Vorgänge interessiert.

 (DR)

Das räumte Bischof Trelle am Mittwoch beim Besuch der Schachtanlage Asse II bei Remlingen ein. Notwendig sei jetzt, eine "fachlich fundierte, gesellschaftlich akzeptable und nach Atomrecht geregelte Lösung" für die Lagerung von Atommüll zu finden. Daran müsse die Öffentlichkeit offensiv beteiligt werden.



Kirche bietet Moderationsfunktion an

Trelle forderte, Atommüll bei höchsten Sicherheitsanforderungen so zu lagern, dass er rückholbar sei. Dies müsse so erfolgen, dass "zukünftigen Generationen die Option bleibt, Gefahren des Atommülls zu vermindern, wenn entsprechende Technologien verfügbar sind". Die Kirche könne bei dem anstehenden Prozess eine Moderationsfunktion übernehmen. Sie könne allen Standpunkten Gehör verschaffen sowie "Räume für offene Gespräche über Problemlösungen zur Verfügung" stellen.



Bereits jetzt würden Andachten der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden am Asseschacht Gelegenheit zu Austausch und Gebet bieten. Ein Ökumenischer Kreuzweg der Schöpfung ist für den 4. März 2012 geplant.



Atomkraftgegner fordern Räumung der Asse

Atomkraftgegner und Anwohner des maroden Atommülllagers haben zum Jahresbeginn eine zügige Räumung der Asse bei Wolfenbüttel gefordert. Sie warfen am Dienstag in Hannover dem Bundesumweltministerium, dem Bundesamt für Strahlenschutz und dem Niedersächsischen Umweltministerium vor, die Rückholung des Atommülls aus dem ehemaligen Kali- und Salzbergwerk zu verzögern. "Abwarten ist angesichts des Zustandes des Bergwerkes nicht zu verantworten", sagte der evangelische Pastor Andreas Riekeberg vom Asse II Koordinationskreis.



Der Zusammenschluss aus gut einem Dutzend Initiativen rief Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) dazu auf, die Bergung des Atommülls aus dem einsturzgefährdeten Lager zur Chefsache zu machen. Zwar habe das Bundesamt für Strahlenschutz vor zwei Jahren die Rückholung des radioaktiven Abfalls empfohlen, sagte Ingenieur Udo Dettmann vom Koordinationskreis. Es gebe jedoch Zweifel, dass dies wirklich gewollt sei. Die Atomkraftgegner befürchten eine Flutung des Lagers.



126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Müll

In der Asse lagern rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Müll. Das Lager ist einsturzgefährdet, täglich dringen nach Angaben des Koordinationskreises zwölf Kubikmeter Lauge ein. "Jedes Bruchstück Atommüll, das zurückgeholt wird, ist ein Sicherheitsgewinn", unterstrich Anwohnerin Heike Wiegel. "Wir leben seit 23 Jahren mit der Gefahr, dass dieser Schacht jederzeit absaufen kann."



Der Koordinationskreis forderte, dass zügig ein Projektmanagement mit Fachleuten, Bergungstechnik und geeignetes Personal für die Räumung zur Verfügung gestellt werden müssten. Notfalls müsse mit einer Art "Maßnahmegesetz" dazu beigetragen werden, dass Genehmigungsverfahren sich nicht unnötig verzögerten.



Interner Vermerk des Bundesamtes für Strahlenschutz

Für Aufregung bei den Atomkraftgegnern hatte vor Weihnachten ein interner Vermerk des Bundesamtes für Strahlenschutz gesorgt, in dem Experten die Möglichkeit einer Bergung aus bergtechnischen Gründen bezweifeln. Das Bundesamt hatte allerdings versichert, an der Räumung des Lagers festhalten zu wollen. Am vergangenen Wochenende hatten rund 500 Menschen an der Asse für eine Rückholung des Atommülls demonstriert.



Die Atomkraftgegner befürchten andernfalls eine Verseuchung des Grundwassers der Region. Das Lager könne nicht sicher verfüllt werden, da nicht alle Bereiche erreicht würden. Auf eine halbe Million Kubikmeter Beton käme bei der sogenannten Vollverfüllung nach Berechnung der Atomkraftgegner die dreifache Menge Lauge.