Bischof fordert nach Kopten-Attentat muslimisches Machtwort

Nagelprobe für den Dialog der Religionen

Für Hans-Jochen Jaschke wird der Anschlag von Alexandria zur "Nagelprobe für den Dialog der Religionen". Er vermisse eine weltweite Empörung muslimischer Autoritäten, so der Hamburger Weihbischof im Interview mit domradio.de. Wenn Religion zu Gewalt führe, sei das ihr Untergang.

Weihbischof Hans-Jochen Jaschke (KNA)
Weihbischof Hans-Jochen Jaschke / ( KNA )

domradio.de: Vielerorts in Deutschland werden die Feierlichkeiten anlässlich des koptischen Weihnachtsfestes am 7. Januar abgesagt oder nur unter besonders scharfen Sicherheitsvorkehrungen begangen. Wie beurteilen Sie das?

Jaschke: Ich sehe diese Lage als einen Appell an die Politik. Die Politik ist gefordert. Aber ich sage genauso: Der Terror gegen Christen im Namen des Islam ist eine Nagelprobe für den Dialog der Religionen. Wenn Religionen nicht die Kraft entwickeln, Hass und Feindschaft zu überwinden, wer soll es sonst tun? Ich warte darauf, ich vermisse eine weltweite Empörung religiöser, gerade muslimischer Autortäten. Wo bleiben die großen Führer - in Ägypten, in der Türkei, im Irak, im Iran? Wo bleibt das klare und hörbare Wort? Es ist höchste Zeit. In Deutschland bin ich engagiert im interreligiösen Dialog mit den Muslimen. Wir sitzen zusammen mit guten Leuten. Aber wo bleibt ihre Stimme? Ich möchte hören, was die Verbände dazu sagen! Wir treten als Christen für die Rechte der Muslime in unserem Land und überall auf der Welt ein. Ich bin sehr enttäuscht über die Zurückhaltung, die gerade von religiösen Autoritäten gezeigt wird.



domradio.de: Sie haben engen Kontakt in Hamburg mit den Muslimen, dort leben auch viele Muslime - und dort haben sie noch keine starken Reaktionen vernommen?

Jaschke: Keine wirklich hörbaren Reaktionen. Und es geht nicht nur um etwas, was man so mal nebenbei sagt. Sondern um etwas, was die Öffentlichkeit erreicht: Führungspersönlichkeiten weltweit. Sie haben doch die großen Führungspersönlichkeiten, die Mullahs, die Imame, die Verantwortlichen in der Türkei, in Ägypten, im Irak, im Iran. Man hört nichts! Und ich sage: Die Religion nimmt Schaden, wenn die Religionen aus politischen Rücksichten schweigen zur Schändung von Gottes heiligem Namen.



domradio.de: Wie ist eigentlich das Verhältnis zwischen den katholischen und koptischen Christen?

Jaschke: Bischof Damian ist ja ein ganz liebenswürdiger Mann. Ich kenne ihn ganz gut. Er spricht perfekt Deutsch. Und wenn wir in ökumenischen Gottesdiensten miteinander wirken, sind wir immer wie die Brüder. Er wickelt uns mit seinem Charme ein und seiner ganz authentischen Frömmigkeit. Wir haben ein ganz hervorragendes Verhältnis in Deutschland. In Ägypten sind die katholischen Christen eine winzige Minderheit. Die führende Gruppe der Christenheit sind natürlich die Kopten, die seit dem Anfang der Christenheit mit großer Tradition in Ägypten sind. Das Verhältnis ist entspannt. Aber die Kopten haben natürlich auch ihre ganz eigenen Ansprüche. Sie sagen, wir sind eigentlich die wahre christliche Kirche. Aber das belastet uns Christen wenig. Wir vertragen uns und sind Geschwister.



domradio.de: Und man steht zueinander auch bei so einer großen Bedrohungslage, wie sie jetzt scheinbar auch für die Kopten in Deutschland herrscht?

Jaschke: Unbedingt. Aber noch einmal: Ich möchte, dass muslimische religiöse Autoritäten sagen Das darf nicht sein. Das ist der Untergang der Religion, wenn Religion zur Gewalt führt. Und wo bleibt die öffentliche Distanzierung? Ich kämpfe für die Religion, die sich von der Politik frei macht und die Menschen dazu führt, dass sie sich vertragen, dass sie Frieden halten und auf Gewalt verzichten. Und dass sie diesen Wahn, den wir da erleben, schärfstens verurteilen.



domradio.de: Es könnte aber auch passieren, dass die Anschläge von Alexandria auch wieder den Hass auf Muslime weltweit schüren. Wie kann die katholische Kirche jetzt grundsätzlich auf diesen Zusammenstoß zwischen den Religionen reagieren?

Jaschke: Wir müssen lernen als Religionen - die Katholiken, aber auch all die anderen -, dass wir uns unabhängig von der Politik machen. Wir lassen uns nicht in diesen politischen Clash der Zivilisationen hineinziehen. Religionen verzichten auf Gewalt. Religionen rufen zu Frieden auf. Religionen sind im Dialog miteinander und respektieren sich. Und verurteilen alles, was zu Wahn und Terror führt.



domradio.de: Wie muss die Politik noch eingreifen?

Jaschke: Politik muss weltweit für die religiösen Rechte der Menschen und Minderheiten eintreten - wo auch immer und für wen auch immer. In unserem Land ist es selbstverständlich. Die Gemeinden bei uns sind einigermaßen überschaubar. Wenn die Politik präsent ist, tut sie schon das, was sie tun kann. Aber sie muss auch in kluger Weise auf die Politik in Ägypten einwirken.



Das Gespräch führte Stephanie Gebert.