Bischof Feige warnt vor kirchlicher "Wagenburgmentalität"

"Falsche Götter entlarven"

Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige sieht die Kirche in der gleichen Gefahr wie sozialistische Regime. Er habe nichts gegen unterschiedliche Meinungen, aber manche beanspruchen inzwischen rigoros, im Besitz der Wahrheit zu sein.

Bischof Gerhard Feige / © Dominik Wolf (KNA)
Bischof Gerhard Feige / © Dominik Wolf ( KNA )

Auch im Christentum könne es vorkommen, "dass - wie im Marxismus-Leninismus mit seinem absoluten Wahrheitsanspruch - die angeblich reine Lehre als geschlossenes System betrachtet wird, dem sich alle nur ein- oder unterzuordnen haben", sagte Feige am Donnerstagabend im Katholischen Forum im Land Thüringen, der Akademie des Bistums Erfurt.

Bischof Gerhard Feige

In größeren Bistümern "mögen sich solche Extreme noch verlieren, in kleineren belastet so etwas mehr".

"Als katholischer Christ mit fast vierzigjähriger DDR-Sozialisation bedrückt es mich, wenn sich seit einiger Zeit der Eindruck verstärkt, Kirche sei auch nur eine Ideologie mit 'Wagenburgmentalität' und sektiererischen Zügen oder ein 'Allerwelts-Tummelplatz' von Willkür und Beliebigkeit", räumte Feige bei einer Gedenkveranstaltung zum zehnten Todestag des Erfurter Theologen und Philosophen Konrad Feiereis (1931-2012) ein, der einer seiner akademischen Lehrer war.

In kleinen Bistümern belastend

"Nichts gegen unterschiedliche Meinungen", betonte der Bischof des Bistums Magdeburg, "aber manche beanspruchen inzwischen rigoros, im Besitz der Wahrheit zu sein, verstehen sich dabei sogar als besonders katholisch und scheuen sich auch nicht davor, andere unter Druck zu setzen und sie zu diffamieren oder zu denunzieren". In größeren Bistümern "mögen sich solche Extreme noch verlieren, in kleineren belastet so etwas mehr".

Kontraproduktiv werde dies vor allem, "wenn jemand mit westdeutscher Sozialisation meint, katholischen Christen in den neuen Bundesländern beibringen zu müssen, was wahrhaft katholisch sei", kritisierte Feige. "Das ist angesichts unserer Glaubenserfahrung unter ganz anderen Bedingungen und unseres sorgenvollen Ringens um verantwortbare Lösungen im Geiste Jesu Christi mehr als anmaßend."

Aus dem Korsett von sturen Denkverboten ausbrechen

Es erscheine heute auch innerkatholisch vonnöten, "falsche Götter zu entlarven und pseudoreligiöse Systeme ihrer Gottlosigkeit zu überführen", so der Bischof weiter: "Wenn es uns dabei als Kirche nicht gelingt, aus dem Korsett von sturen Denkverboten, dogmatischen Verkrustungen und totalitären Anmaßungen auszubrechen, werden wir den gleichen Niedergang oder Zusammenbruch erleben wie der real existierende Sozialismus mit seiner marxistisch-leninistischen Überforderung."

Bistum Magdeburg

Das Bistum Magdeburg zählt zu den jüngsten Bistümern in der Bundesrepublik. Die Geschichte des katholischen Glaubens in der Region reicht allerdings zurück bis ins achte Jahrhundert.

Die Kathedrale Sankt Sebastian zwischen Wohnhäusern in Magdeburg / © Dominik Wolf (KNA)
Die Kathedrale Sankt Sebastian zwischen Wohnhäusern in Magdeburg / © Dominik Wolf ( KNA )
Quelle:
KNA