Bischof Dröge kritisiert Prüfer der Asylanträge von Getauften

"Wissen nicht, was christlicher Glaube für Geflüchtete bedeutet"

Der Übertritt zum Christentum stellt für viele Flüchtlinge eine Gefahr da, wenn sie wieder abgeschoben werden. Die Entscheider nehmen das nicht ernst genug – kritisiert Bischof Dröge im Interview.

Chrisam und Salböl am Taufbecken / © Harald Oppitz (KNA)
Chrisam und Salböl am Taufbecken / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie gelangen Sie zu dieser Feststellung, dass die Behörden Verfolgung aufgrund des Glaubens nicht ernst genug nehmen?

Bischof Markus Dröge (Evangelischer Bischof in Berlin-Brandenburg- schlesische Oberlausitz): Ich spreche natürlich mit vielen Leuten in meiner Kirche und auch in anderen Kirchen, die in der letzten Zeit mit Flüchtlingen gelebt haben – die Unterricht gegeben haben und sie getauft haben; die wissen, wie ernsthaft die Geflüchteten den christlichen Glauen nehmen. Und die wissen, dass diese oftmals bereits in ihrem Herkunftsland wie dem Iran Kontakt zu christlichen Gemeinden hatten; die aber deswegen dort bedrängt wurden und sich oft nicht haben taufen lassen und die Taufe hier nachholen.

Die Taufe gilt bei uns oft als ein sogenannter Nachfluchtgrund, der nicht automatisch anerkannt wird, im Gegenteil: Normalerweise werden diese Nachfluchtgründe gar nicht anerkannt. Gott sei Dank ist es inzwischen so, dass die Flüchtlinge darlegen können, ob ihre Konversion glaubwürdig ist. Sie müssen es aber beweisen. In den Gesprächen gewinnen die Pfarrerinnen und Pfarrer, die die Flüchtlinge betreuen und begleiten, oft den Eindruck, dass nicht richtig verstanden wird, was der christliche Glaube für die Geflüchteten bedeutet. Denn vielfach sind die Entscheider nicht firm im christlichen Glauben.

DOMRADIO.DE: Wie kontrollieren die Entscheider beim BAMF, ob es jemand ernst gemeint hat mit der Taufe? Wird am Ende ein Sachbearbeiter zum Glaubensprüfer?

Dröge: Das war anfänglich so. Ich muss positiv bemerken, dass wir in unserer Kirche gesammelt haben, was wir nicht richtig fanden und sich in den Gesprächen mit dem BAMF vieles verbessert hat. Es ist aber trotzdem immer noch schwierig, wenn Menschen über die Glaubwürdigkeit eines anderen, der zum christlichen Glauben gekommen ist, urteilen, ohne selbst eine richtige Beziehung zum Glauben zu haben.

Es ist schwierig, wenn Menschen entscheiden müssen, ob der Geflüchtete in seiner Heimat seinen Glauben wird leben können oder bedroht wird. Das ist eine schwierige Prognose, die zu stellen ist. Wenn dann jemand den christlichen Glauben prinzipiell nicht als glaubwürdig empfindet, haben die Menschen, die angehört werden, nicht den Eindruck, wirklich ernstgenommen zu werden.

Da muss nachgearbeitet werden: Es muss Fortbildungen für die Entscheider geben. Die müssen wissen, was es heißt, zum christlichen Glauben zu kommen. Und die müssen auch wissen, was es heißt, einen solchen Glauben in Ländern wie beispielsweise dem Iran zu leben.

DOMRADIO.DE: Es gab den Fall eines afghanischen Flüchtlings, der als Gefährder galt, aber nicht abgeschoben werden konnte, weil er sich im Gefängnis hatte taufen lassen. Später hat er dann ein Kind erstochen. Ist es da nicht legitim, dass die deutschen Behörden genau prüfen, ob jemand nur aus taktischen Gründen Christ geworden ist?

Dröge: Wir sprechen unserem Staat ja nicht ab, dass geprüft wird – das habe ich in meiner Predigt auch gesagt. Natürlich muss der Staat die Glaubwürdigkeit prüfen. Ich dränge nur darauf, dass dies noch mit mehr Sorgfalt geschieht. Und dass auch die pfarramtlichen Zeignisse – ausgestellt von den Pfarrerinnen und Pfarrern, die die Flüchtlinge getauft und zum Glauben geführt haben – ernstgenommen und nicht von vornherein unter Verdacht gestellt werden.

DOMRADIO.DE: Umfragen ergaben, dass sich die Zahl derer, die sich als Flüchtlinge haben taufen lassen, im einstelligen oder niedrigen zweistelligen Bereich bewegen. Wird hier von Politik und Behörden ein Problem größer gemacht als es ist?

Dröge: Das kann ich nicht abschätzen. Es sind schon eine ganze Reihe Taufen. Ich weiß von einem Kirchenkreis, in dem allein 60 Geflüchtete getauft worden sind. Darüber freuen wir uns natürlich, weil sie sich ja auch engagieren: Sie machen es aus einem inneren Antrieb. Sie spüren, dass der christliche Glaube sie befreit. Sie wollen die Nächstenliebe, die ihnen entgegengebracht wird, zu ihrem Lebensinhalt machen. Das ist für uns eine ganz wichtige Sache, und ich denke, es ist auch für unsere Gesellschaft gut. Wie groß die Zahlen sind, das kann ich nicht wissen. Aber wenn sich diese Menschen auf diese Weise bei uns engagieren und sich einbringen, dann muss man mit der Prüfung sehr, sehr sorgfältig umgehen.

Das Gespräch führte Silvia Ochlast.


Markus Dröge / © Jürgen Blume (epd)
Markus Dröge / © Jürgen Blume ( epd )
Quelle:
DR
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