Bischof Bätzing schildert Eindrücke der Synodalversammlung

"Es passiert unglaublich viel"

Schicksalsstunde für die Kirche in Deutschland? Beim Synodalen Weg wird über grundsätzliche Reformen diskutiert. Bischof Bätzing hofft als Präsident des Synodalen Weges auf weitreichende Veränderungen - und wirft einen Blick nach Köln.

Bischof Georg Bätzing
Bischof Georg Bätzing

DOMRADIO.DE: Im Vorfeld dieser Synodalversammlung haben viele gesagt, in Frankfurt müsse etwas passieren. Ist etwas passiert?

Bischof Georg Bätzing (Präsident des Synodalen Weges und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz): Es passiert unglaublich viel. Wir haben ganz wichtige Texte schon in der zweiten Lesung verabschiedet. Und jetzt gerade kommen wir aus der Verabschiedung des Grundtextes "Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche". Wir haben diesen Grundtext mit einer großen Mehrheit in die zweite Lesung gegeben, angereichert durch eine Vielfalt von Diskussionen. Also wir sind sehr gut unterwegs. Der Text zu Macht und Gewaltenteilung als Grundtext ist in der zweiten Lesung bereits angenommen worden. Der Orientierungstext des Synodalpräsidiums, der beschreibt, was denn die theologischen Grundlagen unseres Arbeitens sind, ist angenommen worden. Ich bin sehr überrascht, positiv überrascht, in was für einem großen Konsens wir weitergehen auf diesem Synodalen Weg, Umkehr und Erneuerung der Kirche suchen.

DOMRADIO.DE: Das Zusammenführen steht auch in ihrem Wappenspruch. Ist es eigentlich schwer, immer wieder unterschiedliche Erwartungen hier zusammenzuführen?

Bätzing: Es ist viel Arbeit, aber das ist nicht die Arbeit eines Einzelnen, sondern die Arbeit von über 200 Synodalen, die hier sind, insbesondere derer, die in den Synodalforen unglaublich hart arbeiten, damit gute Kompromisse zustande kommen, die von vielen getragen werden können. Und die Antragskommissionen haben in der Phase zwischen Vorlagen der Synodalforen und der Synodalversammlung unglaublich gearbeitet und das alles aufbereitet, was eingetragen worden ist von vielen Einzelnen, damit wir hier gute Ergebnisse abstimmen können. Ein synodaler Weg ist kein Weg eines Einzelnen, sondern ein Zusammenspiel von vielen, vielen Frauen und Männern.

DOMRADIO.DE: Und auch harte Textarbeit gibt es. Hier sind ganz viele Texte, die verabschiedet werden. Das ist oft sehr, sehr kleinteilig und schwierig. Was ist denn neben den Texten das Entscheidende? Welcher Impuls geht da von Frankfurt aus?

Bätzing: Die Texte sind überhaupt nicht das Entscheidende, sondern wir beschreiben in diesen Texten ja das veränderte Handeln der Kirche. Wir wollen, dass Macht in der Kirche geteilt wird, dass Macht kontrolliert wird, dass Macht nicht mehr in Händen Einzelner liegt, sondern von vielen getragen wird. Wir wollen, dass Frauen in Dienste und Ämter der Kirche aufgenommen werden können. Dass gleiche Rechte, gleiche Würde von Frauen und Männern in der Kirche gelten. Wir wollen, dass die Geschlechterdifferenz, die es gibt, auch die Geschlechtervielfalt, die es gibt, Akzeptanz findet in der katholischen Kirche. Und wir wollen, dass das Priesteramt gestärkt ist, dass die Sakramente nicht verdunsten, weil uns Priester fehlen. Deshalb gibt es auch die Forderung, oder den Vorschlag, neben dem Zölibat, der eine hohe Wertschätzung genießt in der Kirche und auch hier in der Synodalversammlung, die Öffnung des Priesteramts für verheiratete Männer zu realisieren. Das sind so wesentliche Dinge um Handeln der Kirche zu verändern.

DOMRADIO.DE: Viele draußen im Land sagen, die aktuelle Lage ist als Christ nur schwer zu ertragen. Es wird alles benannt, aber Verantwortung übernimmt eigentlich niemand. Sie sagen, Verantwortung muss übernommen werden. Wie stellen Sie sich das konkret vor?

Bätzing: Ich glaube, der Unterschied ist: Wir werden aufklären, was an Missbrauch, an sexueller Gewalt gegen Kinder und junge Menschen in den vielen Jahrzehnten der Vergangenheit an Verbrechen geschehen ist. Wir klagen die Verbrecher an und wir benennen diejenigen, die vertuscht oder versteckt haben. Da müssen Ross und Reiter genannt werden. Aber Verantwortung besteht für mich vor allem darin, jetzt die Handlungsschritte in die Hand zu nehmen und zu gestalten, die zu Veränderungen führen, damit diese systemischen Ursachen, die Missbrauch und seine Vertuschung unterstützt haben, aus der Kirche genommen werden können.

DOMRADIO.DE: Ihre Generalsekretärin hat gesagt, sie erwartet noch weitere Erschütterungen für die Kirche. Eine mag die Zukunft des Erzbistums Köln sein. Wie sieht das der Vorsitzende der Bischofskonferenz?

Bätzing: Ich glaube, es ist nicht einfach damit getan, dass Kardinal Woelki nach der Auszeit zurückkehrt. Der Administrator hat viel gute Arbeit geleistet, glaube ich. Es wurde ein neuer Stil der Kommunikation aufgebaut. Umso höher sind jetzt die Erwartungen vieler Gläubigen im Erzbistum Köln zu Recht, dass sich die Kommunikation zwischen Basis und Bistumsleitung verändert. Und ich hoffe, dass der Kardinal, wenn er zurückkommt, diese Ansage hört und umsetzt.

Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen. 

Georg Bätzing

Georg Bätzing wurde am 13. April 1961 in Kirchen (Sieg) geboren. Er studierte Philosophie und Theologie an der Universität Trier und der Universität Freiburg.

1987 wurde er in Trier zum Priester geweiht. Von 1996 bis 2010 war er als Leiter des Priesterseminars für die Priesterausbildung im Bistum Trier verantwortlich. Bereits 2007 übernahm er die Leitung der Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier. Ab November 2012 war Bätzing Generalvikar des Bistums Trier.

Bischof Georg Bätzing / © Bert Bostelmann (KNA)
Bischof Georg Bätzing / © Bert Bostelmann ( KNA )
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