Bischof Ackermann zur Situation der Christen im Heiligen Land

"Nur mit einer Stimme stark"

Noch bis Donnerstag sind Vertreter europäischer und nordamerikanischer Bischofskonferenzen in Israel und den Palästinensergebieten unterwegs. Bei der Initiative des Papstes habe man vor allem die Situation der Christen im Blick, sagt im Interview mit domradio.de der deutsche Vertreter, der Trierer Bischof Stephan Ackermann. Doch entscheidend sei auch hier der allgemeine Friedensprozess.

 (DR)

domradio.de: Sie sind seit Samstag in Jerusalem. Welche Eindrücke haben Sie bisher gewinnen können. Sind die Christen im Heiligen Land bedroht?

Bischof Ackermann: Wir stehen am Anfang dieses internationalen Bischoftreffens. Am Fest "Taufe des Herrn" in Jericho haben wir eine kleine christliche Gemeinde besucht, gemeinsam Gottesdienst gefeiert und uns über ihre Situation ausgetauscht. Wenn wir über eine Bedrohung sprechen, muss man aber unterscheiden zu dem, was wir in Alexandria oder im Irak erleben mussten. Es gibt hier keine Verfolgungssituation in dieser Form. Aber es gibt die vielen, vielen Hindernisse und Bedrängnisse des Alltags.



domradio.de: Was muss Ihrer Meinung nach passieren, um die Lage für die Christen im Heiligen Land zu verbessern?

Ackermann: Die Lage der Christen hängt ab von der Frage des Friedensprozesses, von den Lösungen, die es im israelisch-palästinensischen Konflikt gibt - oder eben nicht gibt. Das ist die Situation auch für die Christen. Und wenn wir jetzt hier bei unserem Bischofstreffen wieder zusammenkommen, ist immer auch die Frage: Was können Christen beitragen, wo können sie die Stimme erheben, wo können sie auch mithelfen bei dem Friedensprozess? So lange dort keine besseren Perspektiven sind, bleibt die Situation schwierig. Und es werden wahrscheinlich noch mehr Christen das Land verlassen.



domradio.de: Unter den Christen im Heiligen Land sind auch viele Palästinenser. Unterscheidet sich deren Situation noch einmal von den übrigen Christen?

Ackermann: Die Situation palästinensischer Christen ist dadurch gekennzeichnet, dass sie unter arabischen Bewohnern in einer doppelten Minderheitensituation sind. Als Palästinenser und dann noch mal als Christen unter Muslimen. Als diejenigen, die hier ursprünglich ansässig sind - das unterscheidet sie ja von Ordensleuten, von Klerikern, die aus anderen Ländern hier her kommen als Christen.



domradio.de: Inwieweit können Sie und die Bischöfe aus den anderen nationalen Bischofskonferenzen an der Verbesserung der Situation der Christen konkret mitwirken?

Ackermann: Wir versuchen über Jahre durch diese Initiative, die vom Vatikan ausgegangen ist, im Gespräch mit den entsprechenden Führern der verschiedenen Kirchen und Religionen vor Ort zu sein. Zunächst einmal mit denen der verschiedenen katholischen Gruppierungen. Und hier noch mal das Anliegen der Einheit besonders in den Blick zu nehmen. Denn nur wenn die Christen hier mit einer Stimme sprechen, sind sie stark. Nicht nur im eigenen Sinne, sondern überhaupt für die Verbesserung der Situation. Natürlich können wir durch die Informationen, die wir erhalten und dann ja auch in unsere Länder zurücktransportieren, dabei helfen, die Situation besser einzuschätzen. Ein wichtiger Punkt ist natürlich immer, wenn Pilger ins Land kommen: Das stärkt natürlich auch die Christen und die Gemeinden vor Ort.



domradio.de: Treffen Sie auch Vertreter der Muslime oder Juden im Heiligen Land?

Ackermann: Es gibt diesmal leider keinen Kontakt mit Vertretern anderer Religionsgemeinschaften. Wir werden aber dieses Thema behandeln durch Vertreter der Kirche hier vor Ort, die in diesem Dialog aktiv sind.



domradio.de: Sie treffen dort mit anderen Bischöfen aus aller Welt zusammen. Tauschen Sie sich auch aus, wie man auf die die schweren Anschläge auf Christen in Ägypten und im Irak reagieren kann?

Ackermann: Die Betroffenheit ist hier allgemein sehr groß. Bei jeder offiziellen Begegnung ist das Thema, wird das angeprangert. Aber auch dankbar wahrgenommen, dass es wirklich viel Solidarität gibt. Und auch Stimmen aus der muslimischen Welt, die das klar verurteilen.



Das Gespräch führte Monika Weiß.