Bischöfe zum verlorenen WM-Halbfinale

"Spiel verloren, aber nicht Leben hingegeben"

Im Halbfinale der Fußball-Weltmeisterschaft hat die Nationalmannschaft gegen Italien mit 0:2 verloren. Damit spielt Deutschland am Samstag um Platz drei. Der große Traum vom Finale ist geplatzt, doch das Leben geht weiter. Das meint auch Essens Weihbischof Franz Grave: "Es ist ein Verdienst der deutschen Mannschaft, bis hier gekommen zu sein." Außerdem sei sich die Welt während der WM näher gekommen.

 (DR)

Im Halbfinale der Fußball-Weltmeisterschaft hat die Nationalmannschaft gegen Italien mit 0:2 verloren. Damit spielt Deutschland am Samstag um Platz drei. Der große Traum vom Finale ist geplatzt, doch das Leben geht weiter. Das meint auch Essens Weihbischof Franz Grave: "Es ist ein Verdienst der deutschen Mannschaft, bis hier gekommen zu sein." Außerdem sei sich die Welt während der WM näher gekommen. Darum gehe es beim Sport in erster Linie, so Grave. "Wenn man das akzeptiert, ist es nicht so schlimm, wenn das eigene Team nach der Verlängerung verliert."

Lehmann zieht positive WM-Bilanz
Eine positive Bilanz der Fußball-WM zieht Kardinal Karl Lehmann. "Wir sind gute Gastgeber gewesen", betonte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in einem am Mittwoch in seiner Bischofsstadt Mainz vorab veröffentlichten Beitrag für den Südwestrundfunk (SWR). Damit habe Deutschland, auch wenn es nicht Weltmeister geworden sei, einen besonders großen Gewinn erzielt.
Die Niederlage des deutschen Teams im Halbfinale gegen Italien nennt der Kardinal eine "gewiss bittere Pille". Es gelte aber, mit Niederlagen fertig zu werden. Der Sport bleibe ein Spiel. Man könne den Sieg nicht erzwingen, auch wenn man sich noch so sehr anstrenge. Es gebe bei noch so viel Training und Strategie Zufälle und Missgeschicke, Irrtümer und Schwächen. "Sie gehören zu unserem Menschsein und zu unseren Grenzen", so Lehmann.
Der Kardinal würdigte die WM als "eindrucksvolles Spiel der Völker". Man könne den meisten Fans bescheinigen, dass ihr leidenschaftliches Eintreten für die eigene Mannschaft und damit auch für die eigene Nation durchaus Respekt gegenüber anderen aufgewiesen habe.

Bischof Huber: Aus im Halbfinale ist kein Weltuntergang
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat enttäuschten Fans der deutschen Fußball-Nationalmannschaft geraten, mit ihrer Trauer offen umzugehen. «Der Tränen wegen der Niederlage der deutschen Mannschaft muss man sich nicht schämen», sagte er am Mittwoch der «Netzeitung» in Berlin. «Dass man traurig ist, ist eine menschliche Haltung. Die Fans können ihre Trauer verarbeiten, indem sie sie einfach zulassen.»

Das 0:2 gegen Italien sei kein Weltuntergang, betonte der Berliner Bischof. Gläubige Fans dürften nicht enttäuscht sein, weil ihre Gebete für einen Sieg der Klinsmann-Elf gegen Italien ungehört geblieben seien. «Sie sind jetzt mit den Traurigen traurig, aber sie können sich auch mit den Fröhlichen freuen.» Wenn Fans gebetet hätten, dann hätten sie für den Sieg ihrer eigenen Mannschaft gebetet, nicht gegen die Gegner. «Ein Gebet kann man nicht gegen einen anderen richten», erklärte der Bischof.

Huber lobte das faire Spiel, «in dem beide Seiten ihr Bestes gegeben haben». Die deutschen Fans sollten ihre Mannschaft nun für das Spiel um den dritten Platz kräftig unterstützen.

Geistliche Unterstützung auch im Westfalenstation
Der Erzbischof von Paderborn, Hans-Josef Becker, hat das WM-Halbfinale live in Dortmund miterlebt. Nach der Partie haben wir mit ihm gesprochen.

domradio: Herr Erzbischof, Sie haben gestern im Westfalenstadion das Fußballspiel miterlebt. War die Situation zum Weinen?

Erzbischof Hans-Josef Becker: "Das Spiel war keineswegs zum Weinen. Es war klasse, spannend bis zu letzten Minute. Nur das Ergebnis stimmt uns alle natürlich ein wenig traurig."

domradio: Ihre Stimme klingt heiser. Haben Sie sich vom Spielverlauf anstecken lassen?

Erzbischof Hans-Josef Becker: "Zugegebenermaßen. Man kann sich dieser Atmosphäre nicht entziehen. Weite Teile des Spiels habe ich im Stehen verbracht, da alle immer wieder begeistert aufgesprungen sind. Die Stadionatmosphäre ist einfach ansteckend."

domradio: Wie möchten Sie die deutschen Fans trösten?

Erzbischof Hans-Josef Becker: "Ich möchte den Fußballfans sagen, dass sie die Kerze, die sie für die deutsche Nationalmannschaft angezündet haben, nicht ausblasen sollen. Die vergangenen drei Wochen haben gezeigt, dass sich Berge versetzen lassen, wenn man an etwas glaubt. Wir haben gesehen, wie weit Hoffnung die Menschen tragen kann. Ich wünsche, dass wir die in diesen Tagen erfahrene Freude weiter hoch halten. Es war und ist schön zu sehen, dass Gastfreundschaft, Solidarität, Fairness, Freiheit und Freundlichkeit eine Gesellschaft verschönern."


Trauerexperte rät Fans: Auf Revanche bei EM 2008 hoffen und Kirche besuchen
Spezielle Tipps für Deutschlandfans nach der Niederlage im WM-Halbfinale hat der Nürnberger Trauerexperte Jürgen Kaufmann. So sollten sie noch einmal die schönsten Szenen der DFB-Elf Revue passieren lassen und auf die nächste WM hoffen, sagte Kaufmann am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Zudem müssten die Fans nur zwei Jahre warten, bis es eine Gelegenheit zur Revanche bei der Europameisterschaft 2008 geben könne.

In schweren Fällen empfiehlt der Theologe den Besuch einer Kirche. Dort könne eine Kerze angezündet und die Niederlage mit einem Segensgebet abgeschlossen werden. Zudem sieht der Trauerexperte noch eine Chance im Spiel um Platz 3 am Samstag. Dort könnten die Kicker um Jürgen Klinsmann dem heimischen Publikum noch einmal schönsten Fußball als Entschädigung bieten. "Vielleicht wird es wie bei der WM 1970, als das Spiel um Platz 3 im Gegensatz zum Finale wirklich in Erinnerung geblieben ist", so Kaufmann.

Hier im domradio: Essens Weihbischof Franz Grave und Bischof Bode aus Osnabrück zum Ausscheiden der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, der Theologe Thomas Eggensperger und weitere Reaktionen.